BGH zu erforderlichen Kosten für Beseitigung von Ölspurverschmutzungen auf Fahrbahn
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RobGal -
12. November 2015 um 11:11 -
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Die Ölspur war dadurch entstanden, dass ein bei der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung versicherter Traktor aufgrund eines Defektes auf der Staatsstraße auf einer Länge von circa 460 Metern Getriebeöl verlor. Die von der Polizei informierte Straßenmeisterei nahm die Sicherung des Straßenbereiches vor und beauftragte die Firma B. mit der maschinellen Reinigung des Straßenabschnitts. Diese reinigte und berechnete dem Freistaat 6.539,40 €.Dieser bezahlte den Betrag und nahm insoweit die Beklagte in Regress.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung zahlte vorgerichtlich einen Betrag von 3.256,35 €. Mit der Klage begehrt das Land Bayern weitere 3.283,05 €. Das Amtsgericht Haßfurthat mit Urteil vom 7.11.2013 – 2 C 315/13 – nach Beweisaufnahme der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung wurde vom LG Bamberg mit Urteil vom 10.10.2014 – 3 S 128/13 – zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die verklagte Kfz-Haftpflichtversicherung ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Die Revision hatte zu einem geringen Anteil nur Erfolg.
Die Beurteilung des Landgerichts Bamberg hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass dem klagenden Freistaat wegen der Verunreinigung der Staatsstraße dem Grunde nach ein Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung zusteht. Hinsichtlich der Höhe der ersatzfähigen Reinigungskosten hat das Berufungsgericht jedoch keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Fas Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung zutreffend von der Rechtsprechung des erkennenden VI. Zivilsenats des BGH ausgegangen (vgl. BGH VersR 2013, 1544; BGH VersR 2013, 1590). Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte statt der Herstellung gemäß § 249 I BGB den dazu erforderlichen Geldbetrag nach § 249 II 1BGB verlangen.
Der Geschädigte ist dabei hinsichtlich der Auswahl der Mittel zur Schadensbehebung völlig frei. Ihm steht die Ersetzungsbefugnis zu (vgl. BGH DS 2007, 144; BGHZ 162, 161, 165 f.; BGHZ 154, 395, 397 f.; BGHZ 155, 1, 4; BGH VersR 2011, 1070). Er darf zur Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten zu entsprechen scheint (BGH VersR 2005, 558, 559; BGH DS 2007, 144 m. Anm. Wortmann). Die Schadensrestitution ist dabei nicht auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache beschränkt. Der Geschädigte muss nicht zugunsten des Schädigers sparen. Das Ziel der Schadensrestitution ist es vielmehr, den Zustand wiederherzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht (BGH VersR 2011, 1070; BGHZ 162, 161; BGHZ 154, 395; BGHZ 132, 373; BGHZ 115, 364). Dabei kann der Geschädigte allerdings nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. BGHZ 54, 82, 85; BGH DS 2007, 144; BGH VersR 2008, 1706; BGH VersR 2011, 769; BGH VersR 2013, 515).
Nach diesem Wirtschaftlichkeitsgebot hat der Geschädigte den Schaden auf diejenige Weise zu beheben, die sich in seiner individuellen Lage, d.h. angesichts seiner erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger gerade für ihn bestehender Schwierigkeiten, als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt, um sein Vermögen in Bezug auf den beschädigten Bestandteil in einen dem früheren gleichwertigen Zustand zu versetzen. Das ergibt sich aus der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, die der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung vertritt (vgl. BGHZ 63, 182, 184; BGHZ 115, 364, 368; BGHZ 115, 375, 378; BGHZ 132, 373, 376; BGHZ 154, 395, 397; BGHZ 162, 161, 165). Verursacht von mehreren zu einem Schadensausgleich führenden zumutbaren Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese Schadensbehebung beschränkt. Nur der für die günstigste Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist dann der im Sinne des § 249 II 1 BGB zur Herstellung erforderliche Betrag (vgl. BGH VersR 2011, 1070; BGHZ 160, 377; BGHZ 154, 395).
Wird eine Staatsstraße derart verunreinigt, dass der Verkehr stark beeinträchtigt oder gar verhindert wird, ist die zuständige Behörde gehalten, die Befahrbarkeit so schnell wie möglich wieder herzustellen, wobei den entscheidenden Bediensteten ein erheblicher Entscheidungsspielraum zugebilligt werden muss. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie Maßnahmen veranlassen, die aus vorausschauender Sicht vernünftig erscheinen. Ob sich im Nachhinein herausstellt, dass ein geringerer Aufwand ausgereicht hätte, ist aus schadensrechtlicher Sicht unerheblich. Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht auf Grund der getroffenen Feststellungen davon ausgehen, dass die Auswahl der betroffenen Firma durch die Straßenmeisterei und die von der beauftragten Firma durchgeführten Maßnahmen im Sinne des § 249 II 1 BGB zur schnellstmöglichen Beseitigung der Ölspur erforderlich waren. Was allerdings die Höhe der für die Reinigungsarbeiten in Rechnung gestellten Beträge anbelangt, hält das Berufungsurteil jedoch den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand. Zunächst hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass der Schädiger gemäß § 249 II 1 BGB den Finanzierungsbedarf des Geschädigten in Form des zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrages zu befriedigen hat. Nur darauf ist der Schadensersatzanspruch des Geschädigten gerichtet, nicht etwa auf Ausgleich des von ihm bezahlten Rechnungsbetrages.
Der Geschädigte genügt dabei regelmäßig seiner Darlegungs- und Beweislast durch die Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten bezahlte Aufwand bilden – ex post betrachtet – bei der Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 II 1 BGB. Allerdings sind im Rahmen des § 249 II 1 BGB die tatsächlich erforderlichen Kosten entscheidend (vgl. BGH VersR 2013, 1590; BGH VersR 2015, 503; BGH VersR 2014, 1141). Da seitens der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung allerdings behauptet wurde, dass die Preise der Firma B, die von der Straßenmeisterei beauftragt wurde, aufgrund einer Sondervereinbarung zustande gekommen sind.
Diese Sondervereinbarung kann die Indizwirkung der bezahlten Rechnung nehmen. Nach dieser Sondervereinbarung hätten auch Preisnachlässe berücksichtigt werden können. Hierzu hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft keine Feststellungen getroffen. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass bei einheitlicher Preisgestaltung ein niedrigerer Preis hätte erzielt werden können. Da allerdings der erkennende Senat hierzu selbst keine Feststellungen treffen kann und darf, ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Fazit und Praxishinweis: Im Rahmen des Schadensersatzes handelt es sich um eine bedeutende Entscheidung des BGH. Im Rahmen der Bestimmung deszur Wiederherstellung des vor dem Unfall bestehenden Zustandes erforderlichen Geldbetrages sind auch die aufgrund von Sondervereinbarungen getroffenenAbsprachen zu berücksichtigen. Eventuell zu gewährende Preisnachlässe sind zu berücksichtigen im Rahmen des erforderlichen Betrages im Sinne des § 249 II 1 BGB. Allerdings hat der Senat auch in diesem Rechtsstreit wieder auf die beglichene Rechnung abgestellt. Er bezieht die Indizwirkung offenbar nur auf die bezahlte Rechnung. Das dürfte allerdings nicht zutreffend sein, denn der Bezahlung steht die Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung gleich.