LG Essen urteilt im Berufungsverfahren zu den Sachverständigenkosten nach Unfall
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RFWW -
15. Februar 2016 um 11:18 -
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Der Kläger, der als Kfz-Sachverständiger tätig ist, macht ihm abgetretene restliche Sachverständigenkosten gegen den Versicherungsnehmer der HUK-COBURG geltend. Die Haftung des beklagten Versicherungsnehmers der HUK-COBURG ist unstreitig. Der Geschädigte beauftragte den Kläger, ein Schadensgutachten bezüglich der Schadenshöhe und des Schadensumfangs zu erstellen. Für seine Gutachtertätigkeit berechnete der Kläger Sachverständigenkosten von insgesamt 1.016,45 €. Hierauf zahlte die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Versicherung des Unfallverursachers lediglich einen Betrag von 818,-- €. Der Restbetrag sowie vorgerichtliche Anwaltskosten und Zinsen sind Gegenstand des Rechtsstreits. In erster Instanz hat das AG Bottrop mit Urteil vom 26.5.2015 – 8 C 313/14 – der Klage stattgegeben. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung blieb ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Amtsgericht Bottrop mit dem angefochtenen Urteil den Beklagten zur Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten verurteilt. Die erkennende Berufungskammer hat keine Bedenken gegen die Aktivlegitimation des klagenden Sachverständigen, denn die Abtretungsvereinbarung war hinreichend bestimmt. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten hat die Kammer ebenfalls keine Bedenken. An Richtlinien und Tabellen der Haftpflichtversicherer sind der Geschädigte und auch der Sachverständige nicht gebunden. Insoweit kann das Honorartableau der HUK-COBURG, auf das diese bei ihrer Abrechnung der Sachverständigenkosten Bezug nimmt, kein Maßstab für die Bemessung der erforderlichen Sachverständigenkosten nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall sein.
Für die Kammer ist auch nicht erkennbar, dass die Rechnung des Sachverständigen R. so hoch ausgefallen ist, dass von einer Überschreitung der üblichen Honorarsätze auszugehen ist, die der Geschädigte hätte erkennen können (vgl. BGH VersR 2014, 474 ff; BGH VersR 2014, 1141 ff.). Der Einwand des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, die BGH-Entscheidungen setzten eine Bezahlung der Rechnung durch den Geschädigten voraus, ist so nicht zutreffend, denn der BGH hatte in der angegebenen Entscheidung (BGH VersR 2014, 1141 ff.) ebenfalls über eine dem Sachverständigen abgetretene und damit noch nicht bezahlte Sachverständigenkostenforderung zu entscheiden. Die Berufung hat daher in der Sache keinen Erfolg.
Fazit und Praxishinweis:
Zu Recht hat die Berufungskammer des LG Essen die Berufung zurückgewiesen. Das Amtsgericht Bottrop hatte bereits zutreffend die restlichen, erfüllungshalber abgetretenen Sachverständigenkosten dem klagenden Sachverständigen zugesprochen. Denn die vom Kläger berechneten Sachverständigenkosten gehören zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 I BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist.
Ebenso können die berechneten Sachverständigenkosten zu dem nach § 249 II 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH DS 2007, 144 m. zust. Anm. Wortmann). Dabei bilden die berechneten Kosten sogar ein Indiz für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten. An Richtlinien und Tabellen der Kfz-Haftpflichtversicherungen sind weder der Geschädigte noch die begutachtenden Sachverständigen gebunden. Weder das Gesprächsergebnis eines Sachverständigenverbandes mit der HUK-COBURG noch das Honorartableau der HUK-COBURG können Maßstab für die Bemessung der erforderlichen Sachverständigenkosten sein. Auch dies hat das Landgericht Essen klar dargestellt. Insoweit verdient die Entscheidung besondere Beachtung.