Wird bei einem Verkehrsunfall ein metallic-lackiertes Kraftfahrzeug beschädigt, stellt sich die schadensersatzrechtlich bedeutende Frage, ob der Schädiger bzw. dessen Kfz-Haftpflichtversicherer auch die Kosten für die Beilackierung der angrenzenden Karosserieflächen mit ersetzen muss. Aus Sicht des das Schadensgutachten erstellenden Kfz-Sachverständigen sind die angrenzenden Flächen mit zu lackieren, damit auftretende Farbabweichungen vermieden werden können.
Entschließt sich der Geschädigte eines für ihn unverschuldeten Verkehrsunfalls zu der ihm gesetzlich aufgrund der Dispositionsfreiheit eingeräumten fiktiven Schadensabrechnung, gibt es häufig Streit mit der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung hinsichtlich der Höhe der Stundenverrechnungssätze für die mögliche Reparatur. Grundsätzlich hat der vom Geschädigten zur Schadensfeststellung hinzugezogene Kfz-Sachverständige seit der sogenannten Porsche-Entscheidung (BGH ZfS 2003, 405) die Stundenverrechnungssätze einer Markenfachwerkstatt zugrunde zu legen. Das Amtsgericht Dorsten hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem der Sachverständige lediglich Stundensätze einer freien Fachwerkstatt aus Dorsten in seinem Schadensgutachten zugrunde gelegt hatte. Die einstandspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die Stundensätze unter Hinweis auf eine noch preiswertere Alternativwerkstatt. Die Versicherung scheiterte bei dem Amtsgericht Dorsten mit ihrer Argumentation.
OLG Hamm Berufungsurteil vom 8.2.2017 – 12 U 101/16 –
Bezeichnet sich eine Werkstatt als Fachwerkstatt für Fahrzeuge einer bestimmten amerikanischen Herstellerfirma, so erwartet der Kunde, dass sich die Fachwerkstatt um sicherheitsrelevante Informationen der amerikanischen Herstellerfirma auch im Rahmen einer Inspektion kümmert. Das gilt auch für sogenannte „Grauimporte“, wie das OLG Hamm in einer jüngsten Berufungsentscheidung ausgeführt hat, über die die Unfallzeitung bereits kurz informiert hatte.
Immer wieder versuchen die nach einem für den Geschädigten unverschuldeten Verkehrsunfall eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherer Schadenspositionen aus dem vom Geschädigten eingeholten Schadensgutachten zu kürzen oder gar ganz zu streichen. Häufigste Kürzungsposten sind die fiktiven Verbringungskosten und Ersatzteilzuschläge. Der BGH hat zu dem Thema noch keine Entscheidung getroffen. Eine Revision einer Kfz-Versicherung wurde kurz vor der Verhandlung zurückgenommen. Für den Fall, dass eine fiktive Schadensabrechnung möglich ist, sind nach der herrschenden BGH-Rechtsprechung allerdings die üblichen Preise einer regionalen Markenfachwerkstatt zugrunde zu legen. Dies gilt auch für die Verbringungskosten und Ersatzteilaufschläge, falls diese üblicherweise bei einer Reparatur in der regionalen markengebundenen Fachwerkstatt anfallen.
Amtsgericht Bonn Urteil vom 3.11.2016 – 105 C 184/15 –
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ließ der Geschädigte sein verunfalltes Fahrzeug durch einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen begutachten. Aufgrund der Angaben aus dem Schadensgutachten entschied sich der Geschädigte zur fiktiven Schadensabrechnung. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung zahlte die kalkulierten Nettoreparaturkosten, kürzte die Beträge aus dem Gutachten aber um die Beträge für die Beilackierung, die Lackierung geschraubter Teile im eingebauten Zustand, die UPE-Aufschläge und die Reinigungskosten.
AG Frankenthal Urteil vom 7.7.2016 – 3a C 170/15 –
Der Geschädigte eines unverschuldeten Verkehrsunfalls verlangte von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers den Ersatz des ihm entstandenen Schadens, den ein von ihm hinzu gezogener Sachverständiger im Schadensgutachten festgestellt hatte. Den Fahrzeugschaden rechnete er mithin fiktiv ab.
AG Bergisch Gladbach Urteil vom 21.11.2016 – 61 C 23/16 -
Im November 2015 erlitt der Geschädigte mit seinem Pkw in Bergisch Gladbach einen für ihn unverschuldeten Verkehrsunfall. Nach dem Unfall beauftragte der Geschädigte einen anerkannten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens, damit gegenüber der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung der Fahrzeugschaden beziffert werden kann.
Am 18.12.2014 ereignete sich auf einem Parkplatz ein Verkehrsunfall, bei dem der Pkw der Geschädigten, ein VW-Golf Plus, beschädigt wurde. Die Schuld am Zustandekommen des Unfalls trägt der Fahrer, der mit seinem Fahrzeug rückwärts ausparken wollte.
Der Kläger verlangt Versicherungsleistungen nach einem Verkehrsunfall, bei dem sein vollkaskoversicherter Pkw Mercedes beschädigt wurde. Die Einstandspflicht der beklagten Vollkaskoversicherung steht dem Grunde nach außer Streit.
Amtsgericht Freiberg Urteil vom 4.3.2016 – 3 C 366/15 –
Wer kommt für die Stellungnahme und Beilackierung auf?
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte einen anerkannten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Der Sachverständige kalkulierte in seinem Gutachten auch Kosten für eine Beilackierung angrenzender Fahrzeugbereiche.
Am 20.1.2015 ereignete sich auf dem Parkplatz des Globus-Marktes in Frechen-Marsdorf ein Verkehrsunfall, den der Fahrer des bei der VHV versicherten Fahrzeugs schuldhaft verursacht hatte. Die Haftung der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung ist unstreitig. Nach dem Unfall beauftragte der in Gerolstein wohnhafte Geschädigte einen dortigen Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Der Geschädigte rechnete seinen Unfallschaden an Hand des Gutachtens ab.
AG Frankfurt am Main Urteil vom 14.4.2015 – 31 C 1609/14 (74) –
Der spätere Kläger ist Eigentümer eines Kraftfahrzeuges, das er im Februar 2014 auf dem Grundstück der Hanauer Landstraße 52 in Frankfurt am Main ordnungsgemäß geparkt hatte. Der Versicherungsnehmer der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung stieß mit seinem Fahrzeug beim Rangieren gegen das Fahrzeug des Klägers und beschädigte dieses vorne links. Der Unfallhergang und die 100-prozentige Einsatzpflicht der Beklagten sind zwischen den Parteien unstreitig.
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall beauftragte der Geschädigte einen Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Der Schadensgutachter setzte für den beschädigten BMW-Pkw Verbringungskosten von 149,40 € ein.
In Bochum-Wattenscheid ereignete sich um 22.Juli 2014 auf der Marienstraße / Ecke Pohlbörger Straße ein Verkehrsunfall, bei dem der Pkw des späteren Klägers beschädigt wurde.
AG Rosenheim Urteil vom 28.8.2015 – 16 C 2808/14 –
Nach einem Verkehrsunfall, an dem das Unfallopfer keine Schuld trägt, lässt dieses durch einen anerkannten Kfz-Sachverständigen ein Schadensgutachten erstellen. Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige hat in seinem Gutachten aufgrund seiner Kenntnis vor Ort Verbringungskosten für die Fahrt zum Lackierbetrieb und zurück sowie Ersatzteilpreisaufschläge eingesetzt.
BGH – IV. Zivilsenat – Urteil vom 11.11.2015 – IV ZR 426/14 –
Der Kläger erlitt einen Unfallschaden mit seinem Mercedes-Pkw. Dieser war bei der beklagten Versicherung vollkaskoversichert. Der Geschädigte beauftragte einen Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des Gutachtens.
LG Dortmund Berufungsurteil vom 29.7.2015 – 21 S 64/14 –
Am 22.5.2014 ereignete sich in Castrop-Rauxel ein Verkehrsunfall, bei dem das Fahrzeug des Geschädigten erheblich beschädigt wurde. Der Geschädigte ließ bei einem qualifizierten Kfz-Sachverständigen ein Schadensgutachten erstellen.
Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, den unstreitig der beklagte Kfz-Führer verursacht hat. Dessen Kraftfahrzeug ist bei der ebenfalls beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung haftpflichtversichert.
Amtsgericht Dippoldiswalde Urteil vom 28.5.2015 – 4 C 199/15 –
Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall reparierte der Geschädigte sein verunfalltes Fahrzeug nach den Vorgaben und im Rahmen der Kalkulation im Schadensgutachten, das er nach dem Unfall in Auftrag gab. Er beauftragte nach der durchgeführten Reparatur erneut den Kfz-Sachverständigen und bat diesen, eine Reparaturbestätigung zu erstellen.
Die Parteien streiten über restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall, der sich am 25.8.2014 in München ereignete. Unstreitig haftet die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung.