LG Mönchengladbach urteilt zur Haftung bei Unfall durch Überholen im WendehammerLG Mönchengladbach Urteil vom 21.2.2017 – 5 S 49/16 –
Die Klage auf Zahlung weiterer 50 Prozent des Schadens ist unbegründet. Dem Kläger steht lediglich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 50 Prozent seines Schadens zu, denn die Unfallgegnerin haftet nur zu 50 Prozent. Dieser Betrag ist durch die hinter der Kraftfahrerin stehende Kfz-Haftpflichtversicherung gezahlt. Die Haftung der Kraftfahrerin ergibt sich aus § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO. Sie hat bei unklarer Verkehrslage überholt. Sie durfte nicht davon ausgehen, als der vor ihr fahrende Fahrer langsamer wurde und nach rechts schwenkte, dass dieser am Fahrbahnrand des Wendehammers anhalten würde. Ein Halten war aufgrund des aufgestellten Halteverbotszeichens (Zeichen 283 der StVO – absolutes Haltverbot -) nicht zulässig. Die Fahrerin hat klar erkennen müssen, dass der vor ihr fahrende Kraftfahrer entweder wenden wollte oder, wie sie selbst, auf den Parkplatz der Firma fahren wollte.
Neben der überholenden Kraftfahrerin hat sich aber auch der wendende Kraftfahrer verkehrswidrig verhalten. Er befand sich zwar in einem Wendebereich, um dort dem Fahrzeug die entgegengesetzte Fahrtrichtung zu geben, doch dürfen auch in einem Wendehammer die allgemeinen Verkehrsregeln nicht außer Acht gelassen werden. Kraftfahrer haben auch beim Wenden gemäß § 9 Abs. 5 StVO darauf zu achten, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Insbesondere ist der mehrmalige Schulterblick erforderlich, um sich zu vergewissern, dass gefahrlos gewendet werden kann. Das gilt umso mehr, als aus dem Wendehammer eine Zufahrt zu einem Parkplatz eines Unternehmens führt. In diesem Fall muss der Wendende immer damit rechnen, dass das nachfolgende Fahrzeug nicht – wie er – wenden will, sondern in die Einfahrt zu der Parkfläche fahren will. Insoweit trägt der wendende Kraftfahrer eine Mitschuld von 50 Prozent. Da der hälftige Schaden bereits ausgeglichen ist, steht dem Kläger kein weiterer Schadensersatzanspruch zu.
Fazit und Praxishinweis: Auch in einem Wendekreis oder Wendehammer, die das Wenden der Fahrzeuge erleichtern sollen und regelmäßig wenig Verkehr aufweisen, gilt das allgemeine Gebot, andere Verkehrsteilnehmer durch seine Fahrweise nicht zu gefährden. Das gilt umso mehr, als aus dem Wendekreis oder -hammer eine Zufahrt zu einem frei zugänglichen Firmenparkplatz abzweigt. Der Wendende muss immer damit rechnen, dass ein nachfolgendes Fahrzeug auf den Firmenparkplatz fahren will.
Aber auch der überholende Kraftfahrer kann nicht damit rechnen, dass das vor ihm langsamer fahrende Fahrzeug im Wendebereich anhalten will. Kommt es zu einer Kollision, erscheint eine hälftige Schadensteilung angemessen.