Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

Recht: Weg frei für automatisiertes Fahren – mit Einschränkungen
Das internationale "Übereinkommen über den Straßenverkehr" ("Wiener Abkommen") wurde ergänzt und macht ab März automatisiertes Fahrer im Straßenverkehr möglich / Reine Roboterfahrzeuge wird es weiterhin nicht geben

RobGal

Die Wiener Straßenverkehrskonvention, auch Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr genannt, ist ein internationaler Vertrag im Rahmen der Vereinten Nationen, der den Verkehr durch standardisierte Regeln und Verkehrszeichen sicherer machen soll. Das Abkommen trägt den Namen der österreichischen Hauptstadt, in der es von der UN-Konferenz im November 1968 beschlossen worden war. Die allermeisten Staaten, darunter auch die Bundesrepublik, sind der Straßenverkehrskonvention beigetreten, einzig die USA haben sie nicht einmal ratifiziert, was sich auf den verkehrsrechtlichen Umgang mit autonomen Fahrzeugen auswirkt.
Das "Wiener Abkommen" wurde über Fachkreise hinaus bekannt und Gegenstand öffentlicher Diskussionen, weil es autonom fahrende Autos auf öffentlichen Straßen nicht zulässt – was in den USA anders ist und die Autohersteller hierzulande ärgert. Der springende Punkt ist, dass nach dem Abkommen von Wien der Fahrer für den Ablauf der Fahrt verantwortlich ist. Nun haben die UN aber Ende vergangenen Jahres einstimmig eine "für das automatische Fahren wichtige Änderung" beschlossen, wie die ADAC-Rechtszeitschrift "DAR" schreibt, die nach einer vorgegebenen Wartepflicht am 23. März 2016 in Kraft tritt.

Nicht schneller als 12 km/h
Alle großen in- und ausländischen Autobauer arbeiten seit einigen Jahren auf autonome Fahrzeuge hin und haben Techniken entwickelt und eingeführt, die solche Fahrzeuge ermöglich. Moderne Assistenzsysteme erkennen bereits Fußgänger und Hindernisse, Staus und Fahrbahnspuren sowie den Querverkehr an Kreuzungen. Sie blenden den Scheinwerfer in der Nacht automatisch auf oder ab, parken selbsttätig ein und aus und was der kniffligen Fahraufgaben mehr sind. Bislang haben aber laut "DAR" "zwei überstaatliche Regelwerke", das Wiener Übereinkommen und die UNECE-Regelungen (UN-Wirtschaftskommission für Europa), auch den deutschen Gesetzgeber "an der Einführung automatisierter Fahrzeuge gehindert", weil sie "nicht zulassungsfähig" sind.

Beispielsweise schreiben die technischen Bauvorschriften der ECE-Regelungen vor, dass eine automatische Lenkfunktion nur bei Geschwindigkeiten bis 12 km/h erlaubt ist. Außerdem muss der Fahrer in jedem Fall die Hauptverantwortung für die Fahrzeugführung behalten. Zudem verpflichtet der Wiener Vertrag die Bundesrepublik, den Straßenverkehr zum Beispiel so zu gestalten, dass "jedes Fahrzeug einen (menschlichen) Führer benötigt, der dauernd sein Fahrzeug beherrschen" und in der Lage sein muss, "alle ihm obliegenden Fahrbewegungen auszuführen", wie die "DAR"-Juristen erläutern. Die bestimmende Meinung unter den Experten ist deshalb, dass der Fahrer verpflichtet ist, die Assistenzsysteme während der Fahrt "ständig zu überwachen". Doch gerade das sollen die automatisierten Fahrzeuge dem Fahrer abnehmen, um kurz etwas anderes zu unternehmen. Doch genau das ist mit der bis jetzt gültigen Version der Wiener Übereinkunft ebenso wenig vereinbar wie mit den ECE-Regeln – und soll sich aber ab März ändern.

In das Wiener Übereinkommen wurde nämlich in Artikel 8 ein neuer Absatz 5 eingefügt. Er besagt, dass Fahrzeugsysteme dann mit dem Übereinkommen vereinbar sind, wenn sie entweder die Anforderungen der ECE-Regeln erfüllen oder der Fahrer sie übersteuern oder abschalten kann. Damit steht der Einführung automatisierter Fahrzeuge zukünftig "nichts mehr entgegen", kommentiert die "DAR", und damit sei auch hierzulande der Weg frei für die Erprobung autonomer Fahrzeuge im realen Straßenverkehr. Die "DAR"-Juristen weisen aber darauf hin, dass sich zahlreiche Vorschriften des Übereinkommens nach wie vor an die Autofahrer richten. So müssen sie "Nebentätigkeiten minimieren oder vermeiden" und "gegenüber den schwächsten Verkehrsteilnehmern erhöhte Vorsicht walten lassen". Das gilt etwa bei der Fahrt in verkehrsberuhigten Gebieten oder im Umfeld von Schulen und Kindergärten. Dort ist das automatisierte Fahren auch in Zukunft tabu.

Die ADAC-Rechtszeitschrift dämpft die Hoffnung, dass Autofahrer in naher Zukunft etwa die Buchhaltung oder ein Nickerchen während der Fahrt machen können: Nach dem Inkrafttreten der Änderungen seien Fahrzeuge jeglichen Automatisierungsgrads zwar mit dem Wiener Übereinkommen vereinbar, doch "weiterhin ausgeschlossen" sind gänzlich fahrerlose Roboterautos, da immer "ein menschlicher Fahrer vorhanden sein muss".
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: kebox - Fotolia.com