AG Aschaffenburg erklärt Bedeutung des HUK-COBURG-Schreibens mit Hinweis auf übliche GutachterkostenAG Sachaffenburg Urteil vom 10.3.2017 – 112 C 1830/16 -
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des restlichen Schadensersatzes in Höhe von 107,19 € gemäß der §§ 7 Abs.1, 17 Abs.1, Abs. 2 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 S.1 Nr. 1 VVG.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von 107,19 € mit Blick auf die von der hinter der Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung vorgenommenen Kürzungen hinsichtlich der streitgegenständlichen Sachverständigenrechnung, denn gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Geschädigte als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 22.7.2014 – VI ZR 357/13 – und BGH, Urteil vom 11.2.2014 – VI ZR 225/13 -). Hinsichtlich der Darlegung der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten der Höhe nach ist zu unterscheiden, ob der Geschädigte die Forderung nach erfolgter Begleichung der Sachverständigenrechnung selbst geltend macht oder der Sachverständige die abgetretene Forderung geltend macht. Hier macht die Geschädigte als Klägerin die restliche Forderung selbst geltend, nachdem sie die streitgegenständliche Sachverständigenrechnung vollständig am 20.4.2016 an den Sachverständigen beglichen hat. Der Geschädigte selbst genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe im Hinblick auf die Sachverständigenkosten grundsätzlich durch die Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der gerichtlichen Schätzung nach § 287 Abs.1 ZPO zumindest ein wesentliches Indiz für die Bestimmung der erforderlichen Sachverständigenkosten im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten ist, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Denn auch danach kann, sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Etwas anderes kann nur dann gelten, sofern das Honorar des Sachverständigen auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (vgl. BGH, Urteil vom 22.7.2014 – VI ZR 357/13 -). Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen.
Der von dem Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung „erforderlichen" (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB. Dies folgt aus der beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten, obgleich der vom Geschädigten aufgewendete Betrag nicht notwendig mit dem zu ersetzenden Schaden identisch sein muss. Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder die von ihm berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Nach den vorgenannten Grundsätzen hat die Klägerin hier durch Vorlage der Rechnung grundsätzlich die Notwendigkeit der dem Geschädigten angefallenen Kosten hinreichend dargelegt. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die abgerechneten Kosten die branchenüblichen im Bezirk des hier gewählten Sachverständigen abgerechneten Kosten erheblich und für den Geschädigten erkennbar übersteigen, hat die hinter der Beklagten stehenden Versicherung nicht dargelegt. Es genügt auch nicht, dass die Beklagte mit Schreiben vom 4.3.2016 pauschal ein Informationsschreiben übersandte, welches Hinweise zu Sachverständigenkosten enthielt, denn dieses Informationsschreiben bildet nicht den für den Geschädigten erkennbaren Markt und die tatsächlich örtlichen Gegebenheiten ab. Erforderlich wäre seitens der Beklagten die Darlegung der üblichen Sätze für die Nebenkosten bezogen auf das nähere örtliche Umfeld der Geschädigten, sowie die Darlegung, auf welchem Weg die vorstehenden Sätze für den Geschädigten ohne Marktanalyse und ohne Kostenvoranschläge unproblematisch und unabhängig vom Rückgriff auf Umfragen von Sachverständigenverbänden ersichtlich gewesen sein hätten können.
Fazit und Praxishinweis: Das von einigen Kfz-Haftpflichtversicherungen, insbesondere von der HUK-COBURG, benutzte Hinweisschreiben auf überteuerte Sachverständigennebenkosten ist zu pauschal, um auf den konkreten Sachverhalt zu passen. Es werden nur allgemeine Behauptungen und Hinweise auf angeblich übliche Nebenkosten gebracht, ohne zu erläutern, wie diese Beträge zustande kommen. Meist ist noch nicht einmal Bezug genommen auf die regionalen Verhältnisse. Insoweit hat das Amtsgericht Aschaffenburg das Hinweisschreiben der HUK-COBURG zutreffend dargestellt, nämlich dass es nicht den für den Geschädigten erkennbaren Markt und die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten abbildet. Im Übrigen dürfte eine erheblich überhöhte Erkennbarkeit erst bei dem Doppelten des üblichen liegen. Abweichungen unter 50 % dürften für den laienhaften Geschädigten kaum erkennbar sein.