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Neue Winterreifen-Regeln: Das M+S-Symbol hat ausgedient
Strengere, aber auch klarere Bestimmungen für Winterreifen / Bei fehlenden Winterpneus am Firmenfahrzeug muss nun auch der Arbeitgeber zahlen

RobGal

Was einen Winterpneu eigentlich ausmacht, das wurde zur jetzigen Saison in der Straßenverkehrsordnung neu festgelegt. „Die neue Winterreifenpflicht und die möglichen Bußgelder sind klar und deutlich geregelt. Damit hat der Autofahrer jetzt verbindliche Informationen“, erklärt die Überwachungsorganisation KÜS.
Allgemein lässt sich nach wie vorsagen: Winterreifen zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Aufbau und ihre Gummimischung für die Witterungsverhältnisse besonders geeignet sind. Auf schneebedeckter oder matschiger Straße, bei Glätte oder Kälte bieten sie deutlich bessere Fahreigenschaften und verhelfen somit zu sehr viel mehr Fahrsicherheit als Sommerpneus.

Gesetzlich genau zu definieren, wie diese Reifen beschaffen sein müssen, ist mit der Entwicklung immer schwieriger geworden. Denn die Zeiten sind längst vorbei, als ein grobstolliges Profil das eindeutige Unterscheidungsmerkmal zum Sommerreifen war. Mit den technologischen Möglichkeiten ist nämlich auch die Variationsbreite der Gummimischungen, Profilstrukturen und anderer Kniffe unüberschaubar vielfältig geworden. Wie soll man diese unterschiedlichen Ansätze gesetzlich unter einen Hut bringen?

Der Ansatz in der Straßenverkehrsordnung (StVO) und in der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) ist, nicht die materiellen Eigenschaften eines Winterreifens zu definieren, sondern seine spezielle Wirkung. Daher wird ab sofort verlangt, dass ein Winterreifen das Alpine-Symbol trägt, das einen stilisierten Berggipfel mit einer Schneeflocke darin zeigt. Der alte Schriftzug „M+S“ an der Reifenflanke für „Matsch und Schnee“ reicht nicht mehr. Der Unterschied: Das M+S-Zeichen ist nicht geschützt, es kann von praktisch jedem Reifenhersteller beliebig benutzt werden – sogar für Sommerreifen. Im Gegensatz dazu ist das Alpine-Symbol mit dem Berggipfel und Schneeflocke ein geschütztes Qualitätszeichen. Es wird von der US-amerikanischen Behörde für Straßenverkehrssicherheit (NHTSA) nach einem standardisierten Test vergeben, betont Klaus Engelhart, Sprecher von Continental, gegenüber dem Kraftfahrtberichter. Bei dem NHTSA-Verfahren müssen die Werte für die Traktion auf Schnee und Eis um mindestens sieben Prozent besser ausfallen als beim Referenzreifen. Ein Winterreifen wird damit also nicht mehr durch seine Materialbeschaffenheit definiert, sondern durch seine realen Fahreigenschaften. Autofahrer können mit der Alpine-Kennzeichnung einen echten Winterreifen einfacher identifizieren.

Das heißt nun aber nicht, dass man seine mehr oder weniger neuen M+S-Reifen gleich entsorgen muss. Das M+S-Kennzeichen bleibt für eine Übergangsfrist als Symbol für Winterreifen gültig, auch bei einer Kontrolle durch die Polizei oder gegenüber der Versicherung nach einem Unfall. Reifen, die bis zum 31. Dezember 2017 produziert wurden und mit dem M+S-Zeichen versehen sind, können bis zum Ende der Saison 2023/2024 als „Reifen für winterliche Wetterverhältnisse betrachtet werden“, so die KÜS. Wer also noch Winterreifen mit dem M+S-Symbol gelagert hat oder sich bis Ende des Jahres neue M+S-Reifen kauft, darf sie noch knapp sieben Jahre bis Ende September 2024 nutzen. Das Herstellungsdatum eines Reifens kann man übrigens an einer vierstelligen Zahl ablesen, die sich in einem ovalen Feld an der Reifenflanke befindet. Die ersten beiden Ziffern stehen für die Produktionswoche, die beiden letzten für das Jahr. Ein Beispiel: „0517“ bedeutet, dass der Reifen in der fünften Kalenderwoche des Jahres 2017 gefertigt wurde.

Warnung durch den Bordcomputer

Für das Profil von Winter- wie von Sommerreifen ist eine Mindesttiefe von 1,6 Millimetern vorgeschrieben. Die KÜS rät jedoch dringend, Winterreifen mit weniger als vier Millimetern aus Sicherheitsgründen nicht mehr zu verwenden. Sie verdrängen bei Regen unter Umständen nicht mehr genügend Wasser, um dem gefährlichen Aquaplaning zu begegnen. Außerdem bietet eine geringe Profiltiefe bei Schnee deutlich weniger Haftung, also genau dann, wenn man sie besonders braucht, um sicher durch eine Kurve zu kommen oder um auszuweichen. Reifen, die älter als zehn Jahre sind, sollten ausgetauscht werden, empfiehlt die KÜS, denn das Gummi ist dann spröde geworden und kann feine Risse aufweisen.

Im Zuge der Neuregelung der Winterreifenpflicht ist nun auch neu gefasst worden, wie der Autofahrer im Innenraum auf die Höchstgeschwindigkeit seines Reifens hingewiesen wird. Das wird nicht mehr allein durch einen auffällig am Cockpit angebrachten Aufkleber gewährleistet, sondern ist nun auch durch eine Anzeige des Bordcomputers möglich, wenn der Fahrer das maximal zulässige Tempo der Winterreifen erreicht.

Wer ohne Winterpneus erwischt wird, riskiert ein Bußgeld von 60 Euro und einen Punkt in Flensburg. Werden zusätzlich andere Verkehrsteilnehmer behindert, kommen 20 Euro dazu. Neu ist, dass zum Beispiel auch ein Arbeitgeber zu Bußgeld und Punkt verdonnert wird, wenn er seine Beschäftigten in einem Wagen ohne Winterreifen losschickt. Die Vorschrift besagt: Wer als Halter eines Fahrzeugs ohne Winterreifen eine Fahrt bei winterlichen Straßenbedingungen zulässt oder gar anordnet, muss mit 75 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Das gilt auch, wenn man sein Auto zum Beispiel einem Bekannten ausleiht.

Auch wenn die Faustformel „von Oktober bis Ostern“ eine gute Orientierung ist: Einen festen Zeitraum für die Winterreifenpflicht gibt es nicht. Es besteht vielmehr eine „situative Winterreifenpflicht“, will sagen: Das Gebot kommt nur bei „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“ zum Tragen, wie es in der Verordnung heißt. „Daher muss beispielsweise niemand Konsequenzen befürchten, der sein Fahrzeug bei Schnee und Eis mit Sommerreifen lediglich parkt“, beruhigt der ADAC. Gleiches gilt, wenn die Sonne alles Eis und allen Schnee vertrieben hat. Jedoch sind Winterreifen wegen ihrer speziellen Gummimischung bereits bei niedrigen Außentemperaturen angeraten, weil die Sommerreifen dann verhärten und in ihrer Wirkung erheblich nachlassen.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser/Kristian Glaser (Kb)
    • Foto: trendobjects - Fotolia.com