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Brauchen autonome Fahrzeuge einen Scheinwerfer?
Die Fahrzeugbeleuchtung erhält mit den Roboterautos neue Aufgaben, außen wie im Innenraum

RobGal

Branchenexperten gehen davon aus, dass es noch zehn bis zwölf Jahre dauern wird, bis vollständig autonom fahrende Autos, in denen der Fahrer zum Passagier wird, im deutschen und europäischen Straßenverkehr mitmischen werden. Zu viele grundlegende Aspekte, die selbstständig fahrende Roboterautos denkbar und sicher machen, sind noch ungeklärt, neben technologischen vor allem auch ethische, juristische und verkehrspsychologische. Dabei ist europäische Gesetzgebung weit weniger großzügig und viel sicherheitsbewusster als die US-amerikanische, was von Vorteil ist, wenn man an die ersten tödlichen Unfälle mit Roboterautos denkt, die sich alle in den Vereinigten Staaten ereigneten.
Ging es in der Vergangenheit bei technischen Weiterentwicklungen vor allem um Verbesserun-gen und Optimierungen der Fahrzeuge, „müssen sich künftige technische Neuerungen stärker nach den Nutzerbedürfnissen ausrichten. Die Fahrzeugbeleuchtung macht dabei keine Ausnahme“, sagte Steffen Pietzonka, Marketingleiter Licht beim Autozulieferer Hella, bei einem Kongress des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) Mitte März in Mannheim.

Elektrifizierung und Digitalisierung verändern nicht nur die Automobilindustrie, sondern auch die Wünsche und Erwartungen der Autofahrer. So wird das seit etlichen Jahrzehnten vertraute Karosseriedesign ganz neuen Formen Platz machen. Denn selbstfahrende Autos brauchen beispielsweise keine Scheinwerfer, müssen aber für die anderen Verkehrsteilnehmer eindeutig erkennbar sein. Auch den Augenkontakt von Fahrer zu Fahrer oder von Fahrer zu Fußgänger, wie heute für die Kommunikation üblich, wird wohl nicht mehr nötig sein.

Wie aber erkennt man schnell und sicher einen automatisiert fahrenden Pkw oder Lastwagen? Gewiss ist nach derzeitigem Stand, dass mit dem wahrscheinlichen Siegeszug der „Automaten“ auch die Karosseriebeleuchtung („Car Body Lighting Features“) eine völlig neue Bedeutung bekommen wird. Allein die Kenntlichmachung eines Roboterautos für die anderen Verkehrsteilnehmer wird eine „wichtige Rolle spielen“, ist sich Pietzonka sicher, „um Irritationen bei Fußgängern und den anderen Verkehrsteilnehmern zu vermeiden“. Die Lösung ist bislang noch nicht gefunden, die Branche befindet sich noch auf der Suche. Wird es ein Leuchtband sein, das die Karosseriekontur markiert und das auch von weitem signalisiert, dass sich ein autonomes Auto nähert? Reicht eine beleuchtete Seitenlinie? Oder eine spezielle Beleuchtung im Fahrzeuggrill? Wie steht es dann aber mit der Heckmarkierung? Ungeklärt ist auch, in welcher Farbe diese Lichterkennungszeichen sein sollen, um eindeutig auf den autonomen Charakter hinzuweisen. Vielleicht in Blau? Angestrebt wird jedenfalls eine weltweite Lösung.

Mit großer Wahrscheinlichkeit lässt sich eines sagen: Es kommen gravierende Veränderungen auf die gesamte Automobilbranche zu, auch und speziell im Bereich der Fahrzeugbeleuchtung. Der im westfälischen Lippstadt ansässige Lichtspezialist Hella stellt sich bereits auf eine sicherere, effizientere und komfortablere Mobilität ein und entwickelt neue Licht- und Elektroniktechnologien, „die auf die Bedürfnisse des künftigen Mobilitätsmarktes ausgerichtet sind“, wie Steffen Pietzonka in Mannheim ausführte.

Gemeint sind Lichtsysteme der Zukunft, deren Software durch Vernetzung drahtlos erweitert und aktualisiert werden kann. Zudem wird es nach dem Szenario von Hella-Mann Pietzonka auch ganz neuartige Angebote geben, etwa „Pay per use“, also Funktionen, bei denen nur die genutzte Leistung zu bezahlen ist, oder Abonnementmodelle, die dem Autofahrer individuell angepasste Dienste bieten. Konkret stellt sich Pietzonka Cloud-Lösungen vor, die „das nächtliche Fahren sicherer machen, da Informationen des Verkehrsraumes direkt durch eine situationsangepasste Beleuchtung überführt werden können“, wie Pietzonka die Perspektive aus Sicht von Hella veranschaulicht. Hochauflösende Scheinwerfertechnologie ermöglicht beispielsweise, den Verkehrs-raum vollautomatisch zu beleuchten und etwa für Fußgänger und Radfahrer „spezielle Sicherheitszonen“ zu markieren, so Pietzonka.

Individualisierbar und interaktiv

Konkrete Beispiele für die zukünftige Autobeleuchtung findet man bereits bei der Innenbeleuchtung. Etwa wenn sich die Lichtfarbe individuell einstellen lässt. In einem aktuellen Pkw-Modell der Oberklasse kann etwa der Leselichtspot mittels einer LED-Matrixanordnung individuell und punktgenau eingestellt werden. Der Trend bei den Autoherstellern geht zu individualisierbaren und interaktiven Lichtfunktionen. So wird man in neuen Autos immer öfter eine dynamische Innenbeleuchtung finden. Durch Lichtanimationen werden die Passagiere, sobald sie in die Nähe des Fahrzeugs kommen oder es verlassen, mit Willkommens- oder Verabschiedungsszenarien begrüßt oder verabschiedet.

Pietzonka sieht auf den Automobilinnenraum eine besondere Rolle zukommen. „Wenn Fahrer vermehrt zu Passagieren werden, verändern sich auch die Nutzerprofile und den Insassen bleibt während der Fahrt mehr Zeit für Dinge, die nicht mit dem Fahren selbst in Verbindung stehen“, erwartet er. Seiner Ansicht nach wird die Nachfrage nach flexibel gestaltbaren Fahrzeuginnenräumen steigen, mit alternativen Sitzpositionen zum Entspannen, Arbeiten und für die Kommunikation untereinander, was auch Folgen für die Beleuchtung hat. „Situationsangepasste Innenbeleuchtung“ ist etwa in der Lage, „der wohnlichen Atmosphäre des heimischen Wohnzimmers“ zu ähneln und „sich ändernde Farbwelten“ zu bieten, so Hellas Licht-Marketingleiter. Oder sie vermag eine neutrale, blendfreie Beleuchtung zum Arbeiten bereitzustellen.
Quellen
    • Foto: © kebox - Fotolia.com | Text: Beate M. Glaser (kraftfahrt-berichter)