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OLG Celle urteilt nach Auffahrunfall an Verkehrsampel
OLG Celle Beschluss vom 7.5.2018 – 14 U 60/18 -

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Immer wieder kommt es an Lichtzeichenanlagen zu Verkehrsunfällen, weil der vorausfahrende Wagen dann doch noch bei Gelblicht stark abbremst. Dann stellt sich immer die Frage, ob in diesem Fall der Beweis des ersten Anscheins auch gegen den auffahrenden Fahrzeugführer spricht. Einen derartigen Fall hatte letzten Endes das Oberlandesgericht Celle zu entscheiden, nachdem zuvor das Landgericht Hannover bereits die Klage des Auffahrenden abgewiesen hatte. Die Berufung gegen das Urteil des LG Hannover hatte keinen Erfolg.
Am 30.11.2015 kam es in der Gemeinde W. auf der H-Straße in Höhe der dortigen Kreuzung zu einem Verkehrsunfall. Der Beklagte befuhr die H-Straße, als die Lichtzeichenanlage an der Kreuzung von Grünlicht auf Gelblicht umsprang. Er begann vor der Haltelinie an zu bremsen. Erst etwa 1,5 Meter hinter der Haltelinie kam er zum Stehen, als der spätere Kläger mit seinem Pkw auf das stehende Kraftfahrzeug des Beklagten auffuhr. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Ersatz des ihm entstandenen Fahrzeugschaden. Die vor dem örtlich zuständigen Landgericht Hannover erhobene Klage wurde durch das LG Hannover mit Urteil vom 19.3.2018 – 12 O 28/16 – abgewiesen. Der Kläger legte Berufung zum Oberlandesgericht ein. Der 14. Zivilsenat des OLG Celle hat mit einstimmigen Beschluss vom 7.5.2018 entschieden, die Berufung zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Berufung gegen das Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 19.3.2018 – 12 O 28/16 – ist zwar zulässig, aber sie bietet keine Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Einzelrichterin für das Unfallgeschehen am 30.11.2015 eine alleinige Haftung des Klägers angenommen hat. Der erkennende Senat teilt die Erwägungen der Einzelrichterin nach einer eigenen kritischen Überprüfung vollends. Anders als der Kläger meint, ist der gegen ihn sprechende Anscheinsbeweis nicht erschüttert. Der gegen den Kläger als Auffahrenden sprechende Beweis des ersten Anscheins ist vorliegend nicht dadurch erschüttert, dass dem Beklagten vorgeworfen werden müsste, gegen §§ 1 II, 4 I 2 StVO verstoßen zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist bewiesen, dass der Beklagte noch vor der Haltelinie zu bremsen begann, weil die Lichtzeichenanlage von Grün auf Gelb wechselte. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte etwa 1,5 Meter hinter der Haltelinie zum Stillstand kam. Gemäß § 37 II Nr. 1 S. 5 StVO ordnet Gelblicht an, vor der Kreuzung auf das nächste Zeichen zu warten.

Der Kreuzungsbereich beginnt nicht an der Haltelinie, sondern erst dort, wo sich die Fahrspuren der Geradeausfahrenden mit den des Querverkehrs kreuzen (OLG Hamm VRS 56, 383). Der Beklagte hat außerhalb des Kreuzungsbereiches angehalten. Ihm ist auch kein Verstoß gegen §§ 1 II, 4 I 2 StVO anzulasten, weil beim Umschalten der Ampel von Grünlicht nach Gelblicht der nachfolgende Kraftfahrer mit einem abrupten Abbremsen rechnen muss, solange der Anhalteweg spätestens bis zum Kreuzungsbereich ausreicht. Eine nicht gebotene Gefahrbremsung oder eine in dieser Situation unzulässige besonders starke Bremsung hat der Beklagte schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht durchgeführt. Es durfte dem Beklagten nicht zugemutet werden, bei Gelblicht noch in den Kreuzungsbereich einzufahren, nur um auf die mögliche Unaufmerksamkeit nachfolgender Kraftfahrer Rücksicht zu nehmen. Die Abwägung der Einzelrichterin im Rahmen des § 17 I StVG dahingehend, dass der Kläger alleine haftet und die Betriebsgefahr für das Fahrzeug des Beklagten vollends hinter den Verkehrsverstößen des Klägers zurücktritt, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger musste beim Wechsel der Lichtzeichenanlage von grün auf gelb damit rechnen, dass der vorausfahrende Wagen abgebremst wird (vgl. BGH NJW-RR 2007, 680; OLG Karlsruhe NJW 2013, 1968; KG NZV 2003, 42). Der Kläger hätte mit erhöhter Aufmerksamkeit fahren müssen, als er auf die gut einsehbare Ampel zufuhr. An der erforderlichen Aufmerksamkeit hat es bei dem Kläger gefehlt. Damit hat die Berufung offenkundig keine Erfolgsaussicht.

Fazit und Praxishinweis: Der erkennende 14. Zivilsenat des OLG Celle hat mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass der auffahrende Pkw-Fahrer nicht mit der im Verkehr erforderlichen Aufmerksamkeit gefahren ist, als er sich der Ampelanlage an der Kreuzung näherte. Der Beweis des ersten Anscheins spricht gegen den Auffahrenden. Er musste mit einem Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeugs rechnen, als die Lichtzeichenanlage von Grünlicht auf Gelblicht umsprang. Daher gilt es, an beampelte Kreuzungen immer vorsichtig und mit Sicherheitsabstand heranzufahren.
Quellen
    • Foto: Archiv Unfallzeitung