Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

LKW: Die Automatisierung soll`s richten
Mehr Verkehrssicherheit im Straßengüterverkehr nötig | Neue Herausforderungen durch Automatisierung | Qualifikation der Fahrer immer wichtiger

RobGal

Lkw-Unfälle sind meistens spektakulär. Allein auf den stark belasteten Autobahnen von Nordrhein-Westfalen donnerten 194 Laster im vergangenen Jahr in ein Stauende, häufig mit Toten und Schwerverletzten. Auch wenn die kleinen und großen Lastwagen durch Fahrerassistenzsysteme sehr viel sicherer geworden sind und die Lkw-Unfälle mit Personenschaden in der EU von 7.230 im Jahr 2006 auf 3.850 im Jahr 2005 zurückgingen: Ein Zusammenstoß mit einem Lastwagen ist immer folgenschwer. Dekra weist jedoch darauf hin, dass die Zahlen „seit Jahren auf ungefähr demselben Niveau“ verharren. Die meisten Lkw-Unfälle ereignen sich der Prüforganisation zufolge mit Personenwagen, der mit Abstand häufigste Ort mit Unfalltoten ist die Landstraße.
Allein durch den Umstand, dass nach allen vorliegenden Prognosen der Güterverkehr auf der Straße in Deutschland wie in ganz Europa stetig und deutlich zunehmen wird, bleibt das Unfallrisiko mit Lkw hoch. Trotz einiger Bemühungen, die Güter auf die Schiene und das Wasser zu verlagern, wird der Marktanteil des Straßengüterverkehrs hierzulande im Jahr 2040 über 67 Prozent erreicht haben, wie ein Wirtschaftsforschungsunternehmen errechnete. Etwa die Hälfte aller auf den deutschen Straßen fahrenden Lkw hat ihre Herkunft oder ihr Ziel dann im Ausland.

Auf diese Entwicklung bereiten sich Lkw-Hersteller und Speditionsbranche längst vor. „In die Entwicklung kooperativer, vernetzter und automatisierter Mobilitätslösungen wird derzeit viel investiert“, stellt Henrik Hololei, Generaldirektor Mobilität und Verkehr der EU-Kommission, im aktuellen Verkehrssicherheitsreport der Dekra zum Thema Güterverkehr fest. Der „Platoon“, ein digital gesteuerter Konvoi mit geringem Abstand zwischen den Lkw, bei dem einzig im Führungsfahrzeug ein Mensch den Wagen steuert, verspricht neben Kraftstoff-, Zeit- und Platzersparnis auch mehr Sicherheit. „Platooning gilt als eine der wegweisenden Ideen für den Güterverkehr von morgen und markiert einen wichtigen Schritt in Richtung automatisiertes Fahren“, ist Hololei überzeugt. Dabei ist jedoch noch eine ganze Reihe von Fragen zu dieser modernen Art der Kolonnenfahrt ungelöst. Wie erkennen Pkw-Fahrer beispielsweise, dass die Lastwagen zu einem Platoon gehören? Wie kann ein Pkw auf die Autobahn auffahren, ohne ein passierendes Platoon zu behindern?

Ein weitgehend unterschätztes Sicherheitsthema ist die Ausbildung. Die Statistik der Europäischen Union weist aus, dass rund 90 Prozent aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen sind. In diese Kategorie fallen auch viele Crashs mit einem Lkw. Grund genug also, der Ausbildung der Berufskraftfahrer in Zukunft eine noch größere Rolle als bisher zukommen zu lassen, zumal es viele neue Herausforderungen gibt.

So sollten Berufskraftfahrer auch Technik und Funktionen der Fahrerassistenzsysteme kennen, „um bei einem technischen Versagen zuverlässig reagieren zu können“, wie die Dekra in ihrem Sicherheitsreport hervorhebt. Es komme vor, dass Fahrer aus Unwissenheit den falschen Assistenten ausschalten. „Darüber hinaus muss jedem Fahrzeugführer bewusst sein“, mahnt Dekra eindringlich, „dass sich die physikalischen Gesetzmäßigkeiten durch Assistenzsysteme nicht außer Kraft setzen lassen.“ Will sagen: Die Assistenten erhöhen weder die Bremsleistung, noch verringern sie den Bremsweg.

Ladungssicherung – das ewige Thema
Ladungssicherung ist ein weiteres Stichwort für die Qualifizierung. Schließlich tragen die Fahrer die rechtliche Verantwortung, dass die Güter ihres Trucks für die Tour ausreichend gesichert sind – auch wenn sie beim Beladen selbst nicht Hand angelegt haben. Daher müssen sie die länder-spezifischen Regeln und Besonderheiten kennen.

Der Beruf des Lkw-Fahrers ist körperlich anstrengend und mit psychischen und sozialen Belastungen verbunden, auch für die Familie und den Bekanntenkreis. Tage- und sogar wochenlange Einsatzzeiten, wenig freie Wochenenden, zudem eigenhändiges Be- und Entladen – sogar während der offiziellen Pausenzeit – und der ständige Zeitdruck setzen den „Kapitänen der Straße“ gesundheitlich zu. Das alles wirkt sich auf die Konzentration beim Fahren aus.

In Zukunft werden viele Fahraufgaben an die Fahrzeugtechnik abgeben. Bereits jetzt ist der Schritt vom teilautomatisierten Fahren, also der Nutzung von Assistenzsystemen, zum hochautomatisierten Fahren absehbar. Dann kann der Fahrer die Steuerung seines Trucks der Technik überlassen. Dazu die Dekra: „Entsprechende Forschungsprojekte sind bereits erfolgreich absolviert oder laufen derzeit noch.“

Unproblematisch ist das aus Sicht der Beschäftigten und der Sicherheit allerdings nicht. Wenn der Fahrer in eine passive Überwachungsrolle gerät, besteht die Gefahr, dass er sich allzu sehr auf die Technik verlässt – selbst dann, so die Dekra, „wenn er ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass sein Fahrzeug alle möglichen Szenarien am aktiven Verkehrsgeschehen nicht bewältigen kann“. Die Versuchung wird dennoch hoch sein, wenigstens während der automatisierten Phase mal zu entspannen. Es werden aber auch ganz andere Aufgaben auf die Fahrer warten. Denn bereits jetzt ist erkennbar, dass die Spediteure sie stärker mit Verwaltungsaufgaben betrauen wollen, während Kollege Computer das Fahrzeug lenkt.

Die zunehmende Automatisierung kann langfristig sogar dazu führen, dass Lkw-Fahrer ihre Kompetenzen verlernen. Die Folgen mag man sich nicht vorstellen, wenn ein Fahrer seinen 40-Tonner manuell übernehmen muss, weil die Funktion eines technischen Assistenten versagt.

Die technologischen Neuerungen sollten also ganz wesentlich dafür genutzt werden, den Fahrern die Arbeit zu erleichtern.
Quellen
    • Foto: © Nomad_Soul - Fotolia.com | Text: Beate M. Glaser (kb)