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Diesel-Gipfel im Jahr 2017 – und was nun?

Rechtsassessor Friedrich-Wilhelm Wortmann

Bekanntlich fand vor etwa einem Jahr in Berlin der Diesel-Gipfel statt, an dem die Vorstandsvorsitzenden der deutschen Automobilkonzerne, der Bundesverkehrsminister sowie die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit Automobilindustrie teilnahmen. Dieser Diesel-Gipfel sollte klären, wie nach dem Abgasskandal die Luft in den Städten sauberer werden könnte und drohende Fahrverbote möglichst verhindert werden könnten. Dieselmotoren gelten bekanntlich als einer der größten Verursacher für zu hohe Werte des gesundheitsschädlichen Stickoxids. Das war der Automobilindustrie auch bewusst. Nicht umsonst wurde durch entsprechende Software die Abgaswerte manipuliert, um die Kraftfahrzeuge sauberer darzustellen als sie tatsächlich waren und sind. Man kann so etwas auch Betrug nennen. Es bestand daher vor einem Jahr dringender Handlungsbedarf. Und wie sieht es heute – ein Jahr danach – aus? Die Antwort ist ernüchternd! Es ist nichts passiert!
Ein Jahr nach dem Diesel-Gipfel ist klar: Das Dieselabgasproblem ist nicht gelöst. Weder konnten Dieselfahrverbote verhindert werden noch sind bereits zugelassene Dieselfahrzeuge sauberer geworden. Die Opposition im deutschen Bundestag wirft den Regierungsparteien Untätigkeit vor. Offenbar soll das Problem ausgesessen werden. Aber durch Aussitzen kann man keine Probleme lösen. An erster Stelle steht die Gesundheit der Bevölkerung. Dieselfahrzeuge älterer Bauarten verpesten nun einmal die Umwelt. Das dürfte unbestritten sein. Indirekt bestätigen dies sogar die Automobilhersteller, indem sie durch Betrugs-Software-Maßnahmen versuchen, einen Eindruck zu erwecken, als ob die Dieselfahrzeuge sauber wären. Die Automobilindustrie weiß daher sehr wohl um die Gesundheitsgefährdung ihrer Dieselfahrzeuge. Auf dem Diesel-Gipfel vor einem Jahr versprachen die Automobilhersteller daher auch vollmundig, dass rund fünf Millionen Dieselfahrzeuge eine neue Motorsoftware erhalten sollten, um die Abgase älterer Dieselfahrzeuge sauberer zu machen. Sie wollten mit Prämien den Verkauf neuer Kraftfahrzeuge fördern, damit alte, unsaubere Dieselfahrzeuge verschrottet werden. Die Automobilhersteller wollten auch 250 Millionen Euro in einen Geldtopf einzahlen, aus dem Maßnahmen für eine bessere Luft in den Städten gefördert werden können. Der Bund wollte seinerseits 750 Millionen Euro einzahlen, damit insgesamt 1 Milliarde Euro zur Verfügung stehen.

Fest steht aber nach einem Jahr, dass bisher die Städte offenbar kein Geld bekommen haben. Die Automobilhersteller haben bisher kein Geld in den Fonds für saubere Luft in den Städten einbezahlt. Die Automobilhersteller haben bisher keine einzige Motorsoftware aktualisiert. Lediglich neue Software wurde aufgespielt, was jedoch zu keiner Verbesserung der Luft führte. Die Folge daraus war, dass Fahrverbote für unsaubere Dieselfahrzeuge verhängt wurden. Das Verwaltungsgericht München hatte die Stadt München verurteilt, Fahrverbote zu erhängen. Da sich die Stadt München und die bayerische Staatsregierung jedoch sträuben, dem Urteil nachzukommen, musste sogar die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil betrieben werden. Das Verwaltungsgericht verhängte ein viel zu niedriges Zwangsgeld von 4000,-- €. Die Städte Düsseldorf und Stuttgart wurden von den jeweils zuständigen Verwaltungsgerichten verurteilt, Fahrverbote zu verhängen. Beide Urteile sind zwischenzeitlich rechtskräftig geworden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die von den Städten eingelegten Sprungrevisionen zurückgewiesen hatte und damit die Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf und Stuttgart bestätigt hat (die Unfallzeitung berichtete darüber!). Auch das Verwaltungsgericht Aachen hat die Stadt Aachen zur Verhängung eines Dieselfahrverbots verurteilt. In Hamburg wurde bereits freiwillig ein Dieselfahrverbot für zwei Straßenabschnitte ausgesprochen. Andere Städte werden dem Hamburger Beispiel folgen. Andere Städte wiederum werden zur Verhängung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge verurteilt werden. Allein bei dem Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen sind Verfahren gegen die Städte Essen, Dortmund, Bochum und Gelsenkirchen anhängig. Zu Recht hatte daher auch das Verwaltungsgericht Stuttgart die Erledigung des zwischenzeitlich rechtskräftigen Urteils angemahnt. Dort drohen bereits noch in diesem Jahr Fahrverbote am Neckartor. Um das bei der Automobilindustrie und der Politik ungelebte Dieselfahrverbot zu vermeiden, kann es nur eine Lösung geben: Die Automobilhersteller müssen auf ihre Kosten die Hardware austauschen, und zwar recht zeitnah und zügig.

Das Kfz-Gewerbe ist davon überzeugt, dass die Hardwarenachrüstung machbar ist, wenn es die Automobilhersteller nur wollen. Die deutschen Automobilhersteller lehnen aber Um- und Einbauten strikt ab. Nach ihren Angaben reichen Softwareänderungen aus. Der Verband der deutschen Automobilhersteller (VDA) erklärt dazu, dass bereits etwa 2,5 Millionen Personenkraftfahrzeuge eine neue Motorsoftware erhalten hätten. Dabei unterschlägt der VDA aber, dass in dieser Zahl auch die ohnehin umzustellenden VW-Fahrzeuge sind. Wegen der aufgedeckten Betrügereien musste die Mehrzahl der 2,5 Millionen Dieselfahrzeuge von VW auf neue Software umgestellt werden. Man sieht schon wieder, wie die Automobilindustrie versucht, geschönte Zahlen zu ihren Gunsten vorzulegen. Die Manipulationen durch die Automobilhersteller bzw. den VDA nehmen daher nicht ab. Im Übrigen musste der VDA auch einräumen, dass das von der Automobilindustrie zugesagte Geld in Höhe von 250 Millionen Euro bisher nicht gezahlt worden ist. Der VDA erklärte, dass die 250 Millionen Euro jetzt bereitstünden. Die deutschen Automobilhersteller versuchen nun an allen Ecken und Kanten Ausreden für ihre zögerliche Verhaltensweise zu finden. Jetzt werden Bedingungen gestellt, indem auf die ausländischen Konkurrenten verwiesen wird. Die deutschen Automobilhersteller sollten jedoch nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern selbst ihre Fahrzeuge sauberer machen, und zwar immer.

Es reicht nicht, wenn nur auf dem Prüfstand die Abgaswerte eingehalten werden und nach kurzer Zeit die Grenzwerte wieder überschritten werden. Es sind auch nicht nur 5 oder 6 Städte, die mit einem Fahrverbot betroffen sein können. In etwa 60 Städten in Deutschland werden die Grenzwerte auf bestimmten Ausfallstraßen teilweise erheblich überschritten. Die Fahrverbote in den größten Städten, wie München, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Frankfurt, Essen, Dortmund, Hannover, Bochum, Aachen, Leverkusen und anderen werden kommen, denn die zuständigen Verwaltungsgerichte werden nicht zulassen, dass das Problem auf die lange Bank geschoben wird. Das Verwaltungsgericht Aachen hat beispielsweise bereits darauf verwiesen, dass der Zeitraum für eine Luftverbesserung erst im Jahre 2025 zu lange sei. Deshalb seien jetzt bereits ab Januar 2019 Dieselfahrverbote zu verhängen. Recht hat das Verwaltungsgericht Aachen.
Quellen
    • Foto: VRD