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Das Verhängen von Fahrverboten für unsaubere Dieselfahrzeuge soll nach dem Willen der Bundeskanzlerin per Gesetz erschwert werden. Sie und Teile der Bundesregierung beabsichtigen, eine Gesetzesänderung vorbereiten zu können, wonach die geringfügige Überschreibung der Stickoxidwerte bis 50 Mikrogramm noch verhältnismäßig sei und demnach bis zu diesem Wert keine Fahrverbote für Dieselfahrzeuge möglich seien. Dieses Vorgehen ist aus mehreren Gesichtspunkten, die im Einzelnen noch ausgeführt werden sollen, mehr als bedenklich. Dementsprechend stößt das Vorhaben in der Regierungskoalition und bei den Umweltverbänden auf erhebliche Kritik. Auch Verfassungsrechtler erheben starke Bedenken. Was ist seitens der Union geplant und worin bestehen die Bedenken dagegen?
1. Die Grenzwerte sind europarechtlich verankert.

Die Begrenzung der gesundheitsschädlichen Stickoxidwerte auf durchschnittlich 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel erfolgte durch die Europäische Union. Sie ist für die Mitgliedsstaaten, also auch für die Bundesrepublik Deutschland, bindend. Dem einzelnen Mitgliedsstatt ist es bereits europarechtlich verwehrt, diese Grenzwerte, die im Übrigen auch ihren Sinn haben, durch nationalrechtliche Bestimmungen abzuändern. Selbst wenn jetzt das Bundes-Immissionsschutzgesetz geändert würde, verstößt diese nationale Regelung gegen Europarecht. Nicht umsonst ist die Bundesrepublik Deutschland von der Europäischen Kommission bereits auf Einhaltung der Grenzwerte verklagt worden. Das beweist nämlich, dass die Europäische Union sehr wohl Einfluss auf innerstattliche Regelungen nehmen kann und muss, damit in Europa einheitliche Regelungen gelten.

2. Die Bundesregierung kann Fahrverbote nicht untersagen.

Die Diesel-Fahrverbote werden durch die betroffenen Gemeinden verhängt. Hamburg hat für sein Stadtgebiet entschieden, dass zwei Straßenteile für Diesel-Fahrzeuge gesperrt sind. Diese verwaltungsrechtliche Entscheidung erfolgte durch den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg. Daran kann auch die Bundesregierung nichts ändern. Denn aufgrund der Gliederung der Bundesrepublik Deutschland in Bund, Länder und Gemeinden, besteht die gesetzgeberische Hoheit nur in der jeweiligen Stufe. Die Gemeinden können ihre Angelegenheiten in eigener Selbstverwaltung selbst regeln. So war Hamburg berechtigt, auch ohne Urteil des zuständigen Verwaltungsgerichts, Diesel-Fahrverbote auf besonders belasteten Straßen oder Straßenteilen zu verhängen, wie geschehen. Diese Fahrverbote drohen nunmehr auch in Stuttgart, Aachen, Frankfurt, Düsseldorf und München. In München musste das Verwaltungsgericht sogar ein Zwangsgeld gegen den Freistaat Bayern verhängen, damit das verwaltungsgerichtlich ausgesprochene Diesel-Fahrverbot nun zeitnah erlassen wird. Sollten auch Zwangsgelder die Verwaltung nicht dazu bewegen, die Luftreinhaltepläne zu erlassen oder zu ändern, müssen Zwangshaften gegen die Verantwortlichen, also Ministerpräsidenten und Verkehrsminister, erwirkt werden, damit der Gewaltenteilung Genüge getan wird. Immerhin ist die Bundesrepublik Deutschland ein Rechtsstatt, in dem die rechtsprechende Gewalt die Exekutive sowie auch die Legislative überprüfen und verpflichten kann.

3. Die verwaltungsgerichtlichen Urteile müssen vollzogen werden.

Die Verwaltungsgerichte Stuttgart und Düsseldorf haben bekanntlich für die Städte Stuttgart und Düsseldorf Diesel-Fahrverbote ausgesprochen. Dabei haben die erkennenden Verwaltungsgerichte sich mit Recht auf die europarechtlichen Vorgaben mit 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel gestützt. Diese Vorgaben gelten in der Europäischen Union und sind daher auch für die innerstaatliche Rechtsprechung maßgeblich. Da gegen die beiden Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart und Düsseldorf die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erhoben wurde, waren die Urteile zunächst nicht rechtskräftig geworden. Nachdem aber das Bundesverwaltungsgericht die Urteile der Verwaltungsgerichte Stuttgart und Düsseldorf bestätigte, war höchstrichterlich bestätigt worden, dass in Stuttgart und Düsseldorf Dieselfahrverbote verhängt werden dürfen. In beiden Städten wird der Grenzwert nämlich erheblich überschritten. Da auch die Verwaltung an höchstrichterliche Urteile gebunden ist, sind auch die Urteile für Stuttgart und Düsseldorf nunmehr zu vollziehen. Baden-Württemberg hat für Stuttgart bereits für 2019 Diesel-Fahrverbote angekündigt. Auch für Frankfurt hatte das zuständige Verwaltungsgericht Wiesbaden, die hessische Landesregierung sitzt in Wiesbaden, Fahrverbote für Diesel ab 2019 ausgesprochen. Sobald das Urteil rechtskräftig ist, sind auch in Frankfurt Straßen für Dieselfahrzeuge zu sperren.

4. Die Verhältnismäßigkeit kann nicht durch den Bund festgestellt werden.

Der Bund kann durch Gesetz nicht pauschal festlegen, was verhältnismäßig ist. Was für die einzelne betroffenen Stadt verhältnismäßig ist, lässt sich nur an Hand der Verhältnisse in den einzelnen Städten feststellen. Was in München unverhältnismäßig wäre, kann in Bochum durchaus verhältnismäßig sein, oder umgekehrt. Eine Regelung durch den Bund ist daher gar nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Auch das für Mainz zuständige Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 24.10.2018 die Verhältnismäßigkeit geprüft und ist letztlich nach einer Übergangszeit bis Ende Sommer 2019 zu dem Ergebnis gelangt, dass dann Dieselfahrverbote verhängt werden müssen, wenn bis dahin keine Luftverbesserung eintritt. Die Verhältnismäßigkeit ist auch vom Bundesverwaltungsgericht geprüft worden. Es bedarf daher keiner Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit durch Bundesgesetz. Der Vorschlag der Kanzlerin ist daher als hilfloser Versuch zu werten, Wähler noch zu Gunsten der CDU zu beeinflussen. Immerhin wird am 28.10.2018 ein neues Landesparlament für Hessen gewählt. Da würde sich eine Verhinderung des Dieselfahrverbots für Frankfurt gut machen. Aber dieser Vorschlag erntet mehr Kritik als Zuspruch.

5. Die Verhältnismäßigkeit wird bereits durch die Verwaltungsgerichte geprüft.

Die jüngste Verwaltungsrechtsprechung zu Dieselfahrverboten, nämlich das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 24.10.2018, beweist, dass die zuständigen Verwaltungsgerichte, nachdem auch das Bundesverwaltungsgericht die Verhältnismäßigkeit festgestellt hatte, diese ihrer Entscheidungen zugrunde legen. Die Verhältnismäßigkeit kann nur von Stadt zu Stadt unterschiedlich betrachtet und überprüft werden. Auch aus diesem Grunde erscheint eine von der Bundesregierung favorisierte Pauschalierung der Verhältnismäßigkeit auf eine Erhöhung der tolerablen Werte auf bis zu 50 Mikrogramm Stickoxid in der Luft im Jahresmittel nicht durchführbar, denn die Verhältnismäßigkeit lässt sich nicht pauschalieren. Was in Frankfurt unverhältnismäßig ist, muss noch lange nicht auch in Mainz oder Wiesbaden unverhältnismäßig sein. Es kommt daher immer auf die entsprechende Stadt an.

6. Die Diesel-Fahrverbote sind erforderlich

In vielen Städten in der Bundesrepublik Deutschland ist die Luft, besonders an den Ausfallstraßen, zu stark mit Schadstoffen belastet. Das haben eindeutig die Messungen an den entsprechenden Messstellen ergeben. Der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO 2 pro Kubikmeter Luft im Jahresdurchschnitt ist europarechtlich so vorgegeben. Ob dieser Wert aus gesundheitspolitischen Gründen noch zu hoch ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Er ist nun einmal so festgelegt worden. Dementsprechend ist er als Grenzwert auch einzuhalten. Niemand würde den Blutalkoholwert bei Trunkenheitsfahrten heraufsetzen, damit alkoholisierte Fahrer ihren Führerschein nicht abgeben brauchen. Der Grenzwert ist eben ein Grenzwert, der eingehalten werden muss. Da in Kürze keine Besserung der Schadstoffbelastung eintreten wird, denn so schnell können Busse des öffentlichen Nahverkehrs und städtische Fahrzeuge nicht umgerüstet werden, so lange werden die Grenzwerte überschritten und so lange sind unsaubere Dieselkraftfahrzeuge auszusperren. Denn durch die mit Schadstoffen belastete Luft werden Augen und Atemwege gereizt. Das ist medizinisch nachgewiesen. Es können Erkrankungen der Lungen eintreten. Hohe Schadstoffanteile in der Luft können auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.

7. Alle bisherigen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen haben zu Fahrverboten für Dieselfahrzeugen geführt.

Die bisher getroffenen Urteile der Verwaltungsgerichte sowie auch die Revisionsentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts haben sämtlich Diesel-Fahrverbote ausgesprochen. Dabei handelt es sich um die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte München, Stuttgart, Düsseldorf, Aachen, Berlin, Wiesbaden und Mainz. Damit sind Dieselfahrverbote für München, Stuttgart, Düsseldorf, Aachen, Berlin, Frankfurt und Mainz bereits ausgesprochen. Weitere Städte werden mit Sicherheit folgen. Denn auch bei den Städten, deren Verfahren bei den zuständigen Verwaltungsgerichten rechtshängig sind, sind die Grenzwerte überschritten. Was wollen die Verwaltungsgerichte auch anders entscheiden? Sie müssen sich an die gesetzlich festgelegten Grenzwerte halten. Diese sind in etwa 7 Städten in der Bundesrepublik Deutschland überschritten. Auch das ist Tatsache.

8. Zur Vermeidung von Dieselfahrverboten ist eine unverzügliche Umrüstung durch die Automobilhersteller erforderlich.

Wenn die Bundespolitik Dieselfahrverbote vermeiden will, muss sie en Druck auf die Automobilindustrie erheblich erhöhen. Der Bundesverkehrsminister hat ausreichenden Spielraum, Bußgelder in Höhe von je 5.000,-- € je unsauberem und manipuliertem Dieselfahrzeug von den jeweiligen Automobilherstellern zu fordern. Bei den hohen Managergehältern ist das von den Automobilherstellern auch zu stemmen. Die Automobilindustrie hat bis heute noch nicht dargelegt, dass eine Umrüstung auf ihre Kosten, die etwa 3000,-- € kosten würde, und damit immer noch billiger ist als das Bußgeld von 5.000,-- €, Tatsächlich Arbeitsplätze vernichten würde. Da wird seitens der betrügenden Automobilindustrie ein weiteres Lügengebäude aufgebaut, nur um aus den Dieselbetrügereien noch Profit schlagen zu können. Der Staat muss strenger und unnachgiebiger gegen die Automobilhersteller vorgehen. Es ist auch zu überlegen, ob nicht die allgemeine Betriebserlaubnis für die manipulierten Dieselfahrzeuge entzogen werden muss. Die Betriebserlaubnisse sind unter falschen Voraussetzungen erteilt worden. Wenn die Automobilindustrie zusagen würde, bis Ende 2019 die unsauberen und manipulierten Dieselfahrzeuge durch Umrüstungen sauberer zu machen, damit Ende 2019 die Grenzwerte eingehalten werden können, dann erscheint es in verschiedenen Städten durch möglich zu sein, von einem Dieselfahrverbot zunächst abzusehen. Problematisch bleiben dann immer noch die älteren Dieselfahrzeuge. Aber auch bei den Umweltzonen wurden nach und nach von rot über gelb zu grün die umweltschädlichen Fahrzeuge ausgesondert.

9. Staatliche Zuschüsse zur Umrüstung darf es nicht geben.

Auf keinen Fall darf der Steuerzahler die Zeche dafür zahlen, dass die Automobilindustrie betrogen hat. In der Politik wurde bereits einmal gefordert, wer betrügt, der fliegt. Übertragen auf die Automobilindustrie bedeutet das, wer betrügt, muss auf eigene Kosten umrüsten. Die Automobilindustrie kann über verschiedene Wege gezwungen werden, die Umrüstungen auf ihre Kosten, und nur auf ihre Kosten, vorzunehmen. Es ist nämlich Tatsache, dass die von der Automobilindustrie angebotenen Dieselfahrzeuge nicht das halten, was ihre Hersteller in den Prospekten angeben. Wer betrügt, muss dem anderen den eingetretenen Schaden ersetzen. Die manipulierten Dieselfahrzeuge sind nämlich sämtlich mangelbehaftet, was kaufvertraglich zur Rückabwicklung des Kaufvertrages führt. Dieser Mangel ist auch wesentlich. Entsprechend haben auch verschiedentlich Gerichte bereits so entschieden. Da die deutschen Automobilhersteller auch weiterhin ihre Produkte hier auf den Markt bringen wollen, müssen sie sich bewegen und nachrüsten.
Quellen
    • Foto: VRD