AG Halle (Saale) spricht vollen Gutachterkostenbetrag zuAG Halle (Saale) Urteil vom 24.9.2018 – 97 C 3105/17
Der Kläger hat gegenüber der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung aus § 115 PflichtVG in Verbindung mit § 7 StVG einen Anspruch auf Freistellung der weiteren Honorarforderung des vom Kläger beauftragten Kfz-Sachverständigen. Dieser Anspruch ergibt sich daraus, dass die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung verpflichtet ist, dem Kläger die notwendigen Kosten zu erstatten, die zur Behebung des Schadens notwendig waren. Dabei ist allgemein anerkannt, dass dem Geschädigten das Recht zu steht, einen Sachverständigen seiner Wahl mit der Begutachtung des beschädigten Fahrzeugs zu beauftragen. Im Rahmen der Auswahl des Sachverständigen ist der Geschädigte nicht verpflichtet, eine Marktforschung zu betreiben, um den günstigsten Gutachter zu finden. Im Zweifel ist dem Geschädigten auch gar nicht bekannt, dass Privatgutachter unterschiedliche, möglicherweise sogar stark abweichende Preise beanspruchen. Die von dem Kfz-Sachverständigen berechneten Preise hält das Gericht im Rahmen der Schadenshöhenschätzung nach § 287 ZPO nicht für überzogen, wie die Beklagte meint, und auch nicht übertrieben unangemessen. Die vom Kfz-Sachverständigen berechneten Preise liegen im Korridor der Honorarabfrage des Sachverständigenverbandes. Dass die vom Kfz-Sachverständigen berechneten Kosten recht hoch angesetzt sind, lässt sie aber nicht zu unüblichen Preisen in der Branche werden. Demzufolge hat die Beklagte die gesamten vom Sachverständigen berechneten Kosten zu übernehmen.
Fazit und Praxishinweis: Auch das Amtsgericht Halle (Saale) spricht zu Recht dem Geschädigten eines unverschuldeten Verkehrsunfalls die Erstattung des vollen Rechnungsbetrages zu. Bei den vom Sachverständigen berechneten Kosten handelt es sich um eine Belastung des Geschädigten mit einer Zahlungsverpflichtung. Eine Belastung mit einer Zahlungsverpflichtung ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. die Hinweise bei Offenloch ZfS 2016, 244, 245 Fußnote 9) als ein zu ersetzender Schaden anerkannt. Dementsprechend ist der unschuldig Geschädigte von dieser Belastung freizustellen, wobei dem Schädiger die Möglichkeit des Vorteilsausgleichs eingeräumt ist (vgl. Imhof/Wortmann DS 2011, 149 ff.).