Der Verwaltungsgerichtshof, so heißt das Oberverwaltungsgericht in Bayern, begründete seine Entscheidung auf dem Verbot von Werbung in der Straßenverkehrsordnung, wenn dadurch Verkehrsteilnehmer gefährdet oder erschwerend abgelenkt werden. Ausschlaggebend für das Gericht war, dass die Informationsfülle der Werbetafel nicht in Sekundenbruchteilen zu erfassen und zu verarbeiten seien. Besonders problematisch war aus Sicht des Gerichts, dass das Schild zwar längere Zeit zu sehen war, der Text aber erst kurz vor dem Passieren gelesen werden konnte. Dadurch musste ein Autofahrer eventuell den Kopf zur Seite drehen, um alle Informationen aufzunehmen. "In dieser Zeit kann der Verkehrsteilnehmer seine volle Aufmerksamkeit aber nicht dem Verkehrsgeschehen widmen", kritisierte das Gericht.
Die Ausführung der Werbemittelfirma, wonach das Schild weit entfernt von der Autobahn aufgestellt und daher von Verkehrsteilnehmern nicht unbedingt wahrgenommen oder beachtet worden sei, überzeugte die Richter nicht. "Gerade wegen des ungewöhnlichen Standorts", erwiderten sie, könne der interessierte Autofahrer sich veranlasst sehen, seinen Blick von der Straße abzuwenden. Auch die teilweise Werbegestaltung nach Art eines Verkehrszeichens bewirkt nach Ansicht der Richter, dass ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer sich vergewissern möchte, ob es sich um ein amtliches Schild handelt, weshalb er den Blick von der Straße abwendet.
Der Verwaltungsgerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass das Werbeschild gut zu sehen und nicht mit einem flüchtigen Blick zu erfassen und zu verarbeiten war, so dass es die Verkehrsteilnehmer erheblich ablenken konnte und damit die Verkehrssicherheit gefährdete. Die Richter bestätigten die Entfernung des Werbeschildes durch die Autobahndirektion und hoben damit die Entscheidung der Vorinstanz auf, die das Aufstellen des Werbeschildes für gesetzeskonform gehalten hatte. (VGH München, Az.: 11 B 15.76)
Werbung im Straßenverkehr gehört verboten
Dem Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofes gegen eine 18 Quadratmeter große Werbetafel an einer sechsspurigen Autobahn (siehe oben) ist zu wünschen, dass es Schule macht. Mehr noch: Der Gesetzgeber sollte die Werbeflut im Straßenverkehr deutlich eindämmen und eigentlich auch beenden. Nicht nur, dass die Verkaufsagitation am Straßenrand, auf Autos, Gebäuden und extra errichteten Stellwänden und hohen Stelen immer mehr zunimmt. Im unerbittlichen PR-Kampf um die Aufmerksamkeit der Kundschaft ist schon bei den Motiven fast jedes Mittel recht. Nun kommen nach den automatischen Werbeaufstellern, in denen das gezeigte Plakat alle paar Sekunden mechanisch wechselt, nun auch noch kurze Werbefilme hinzu, wo früher einfache Plakate hingen. Das macht das öffentliche Bild des Straßenverkehrs noch unruhiger und nervöser, als es im dichten Getümmel eh schon ist.
Geradezu kriminell wird es, wenn Werbeflächen die Sicht an Kreuzungen in den Innenstädten so versperren, dass abbiegende Autofahrer und die Straße überquerende Fußgänger sich nicht mehr sehen können, bevor es rumst. Klar, wo am meisten was los ist, sind die Werbeflächen am begehrtesten. So zynisch ist die Werbeindustrie und die ihr hörigen Kommunalpolitiker.
Am Straßenverkehr ist nicht zuletzt die gegenseitige Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit füreinander wichtig, denn schließlich geht es darum, Schaden an Leib und Leben durch Verkehrsunfälle zu verhindern. Doch dazu steht die Werbung am Straßenrand in einem unüberbrückbaren Spannungsverhältnis, denn sie will ja gerade – mit den subtilsten Methoden – die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Koste es, was es wolle?