Zwei Monate E-Scooter: Unfälle und Unmut nehmen zuE-Tretroller werden kaum als Ersatz fürs Auto eingesetzt | Fragliche Ökobilanz
Der Aufwand ist recht groß, um die E-Scooter mit einem (dieselbetriebenen) Transporter einzusammeln, ihre Batterien aufzuladen und sie zu zentralen Verleihorten zu befördern. Kritik an den prekären Arbeitsbedingungen der Einsammler („Juicer“) begegnen die Verleihfirmen mit dem Hinweis, dass sie „ausschließlich mit erfahrenen Logistikpartnern“ zusammenarbeiteten.
Der ökologische Fußabdruck dieser schmalen Fahrzeuge scheint recht breit zu sein. Nach Berechnungen der Denkfabrik Agora Verkehrswende emittiert ein E-Tretroller beim gegenwärtigen Strommix in Deutschland zwar nur 5 g/km CO2. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass auch für das Einsammeln Kraftstoff verbraucht wird und dass die Lithium-Ionen-Batterien, die energieintensiv hergestellt werden und nicht ohne seltene Erden auskommen, erst nach einer langen Nutzungsdauer eine positive Ökobilanz aufweisen. Offenbar werden die Fahrzeuge aber bereits nach wenigen Monaten aus dem Verkehr gezogen, dabei ist die fachgerechte Entsorgung laut Medienberichten noch nicht geklärt.
Wechselbatterien, von den Verleihern als umweltfreundliche Maßnahme in die Diskussion gebracht, werden von den Agora-Experten kritisch betrachtet, weil die vielen Fahrten für Wartung, Reparatur und Neuverteilung trotzdem blieben. Das Umweltbundesamt weist ferner darauf hin, dass die Akkus eine giftige und leicht entzündbare Flüssigkeit enthalten, die durch einen Riss, verursacht etwa durch einen Unfall, schnell zu einem Problem für den Nutzer und für andere Verkehrsteilnehmer werden kann.
Rücksichtslos genutzt
Die ersten zwei E-Tretroller-Monate zeigen nicht zuletzt: Dieses fahrende Spielzeug wird recht rücksichtslos genutzt. Fahrten zu zweit, mit zuviel Alkohol im Blut, cruisen auf dem Fußweg und in weiten Schlangenlinien auf der Fahrbahn, zudem achtloses Abstellen mitten auf Rad- oder Gehwegen: Das alles gehört in der Realität zu der von der Werbung propagierten und quasi eingebauten, leichtfertigen Freiheitsideologie dieser ach-so-spaßigen Fortbewegungsart.
Die Häufung von Problemen und Ärgernissen führte schon in kurzer Zeit zu mancherlei Kritik und zu Forderungen nach Regulierung und dass die Anbieter stärker in die Pflicht zu nehmen seien. So verlangt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, dass die Verleihfirmen ihre Kunden besser über die regelkonforme Nutzung aufklären und Vereinbarungen zwischen den Städten und den Anbietern getroffen werden, um die Anzahl der E-Tretroller und ihre Abstellorte im öffentlichen Raum festzulegen. Außerdem schlägt Dedy mit Blick auf steigende Unfallzahlen verbindliche Regeln zur sicheren Wartung der Vehikel und zur Informierung der Nutzer über die Verkehrsregeln vor. Immer lauter werden auch die Stimmen, die eine Helmpflicht und schärfere Verkehrskontrollen verlangen. Die E-Scooter-Branche verweist in diesem Zusammenhang auf eine Vereinbarung, an der sie zusammen mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund arbeite. Dabei soll es um die Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs an E-Rollern gehen, um die Abstellplätze und wie sich die Vehikel in den öffentlichen Personennahverkehr einbinden lassen. Von Seiten des Städtebundes hieß es allerdings, dass noch nichts unterschriftsreif sei.
Anregungen dazu könnten von Städten kommen, in denen entsprechende Übereinkünfte bereits gültig sind. So ist in Köln geregelt, dass die E-Roller nicht auf der Domplatte abgestellt werden dürfen, wo sich viele Menschen aufhalten und bewegen. Außerdem bieten hier erste Verleiher Sicherheitstrainings an.
Gewiss sind derart Verabredungen hilfreich und nützlich. Allerdings scheinen die E-Scooter als Verkehrsmittel eher entbehrlich zu sein.