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Kommentar Autogipfel: Reicht das?
Beim Autogipfel im Kanzleramt ging es vor allem um E-Autos | Keine greifbaren Ergebnisse beim autonomen Fahren und für die Beschäftigten

RobGal

Eigentlich war es ein Gipfel für das Elektroauto, zu dem Kanzlerin Merkel Spitzenvertreter des Staates, der Industrie und der Gewerkschaften eingeladen hatte, denn nur beim Elektroantrieb einigte man sich auf konkrete Schritte. So soll die bis 2020 befristete Kaufprämie für Stromer (Umweltbonus) um fünf Jahre verlängert und zudem erhöht werden: Für bis zu 40.000 Euro teure Stromer steigt der Zuschuss um 50 Prozent auf 6.000 Euro, für E-Autos bis 65.000 Euro gibt es 5.000 Euro, das sind 25 Prozent mehr. Die dafür benötigten Gelder teilen sich Bund und Hersteller weiterhin. Sie stellen zusätzlich einen Milliardenbetrag zur Verfügung, um den Kauf von 650.000 bis 700.000 neuen E-Autos (auch Plug-in-Hybride) zu unterstützen.
Neben den hohen Anschaffungskosten gelten auch die geringe Reichweite und das schlechte Ladenetz als Gründe für den ausbleibenden Durchbruch der Elektromobilität. Daher wurde beim Autogipfel vereinbart, die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte um 50.000 zu erhöhen, was deutlich mehr als eine Verdreifachung des Bestands bedeutet. Drei Milliarden Euro will die Bundesregierung dafür zur Verfügung stellen. Dabei hat sie auch das Kuddelmuddel um Zugang, Bezahlung und Abrechnung an der Ladesäule im Blick. Zudem sollen Mieter und Wohnungseigentümer rechtlich leichter als bislang eine Ladesäule in ihrer Tiefgarage errichten können.

Zum Thema autonomes Fahren sollen „innovationsfreundliche“ Rahmenbedingungen in technischer und juristischer Hinsicht geschaffen werden, wurde beim Autogipfel verabredet. Automatisierte Fahrfunktionen sollen schnell auf die Straße gebracht werden, die Bundesrepublik technologischer Vorreiter im Automobilbereich bleiben, war der Tenor.

Der Autogipfel befasste sich auch mit der Lage der Beschäftigten. Da die Automobilwirtschaft für die anstehenden Umbrüche hohe Investitionssummen aufwenden muss und gleichzeitig mit einer nachlassenden Konjunktur zu tun hat, drohen die Unternehmen mit Jobabbau und Kurzarbeit, teilweise auch mit Werkschließungen und Kündigungen. Die Bundesregierung beabsichtigt, beim Kurzarbeitergeld „nachzuschärfen“ und stärker auf Qualifizierung und Weiterbildung zu setzen – was mit dem Umstieg auf die Elektromobilität eh erforderlich ist.

Sind diese Ergebnisse des Autogipfels ausreichend? Politik und Wirtschaft wird vorgeworfen, zu lange die Krisenzeichen ignoriert zu haben. Derzeit befinden sich 220.000 E-Autos auf deutschen Straßen. Zusätzlich soll bis 2025 der Kauf von 700.000 Stromern gefördert werden. Das wären aufgerundet eine Million. Nach den eigenen Klimazielen hält die Bundesregierung es aber für erforderlich, bis spätestens 2030 sieben bis zehn Millionen Elektroautos auf den Straßen zu haben. Also droht auch künftig eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit.

Geld als einziges Steuerungsinstrument?

Zudem ist schwer nachvollziehbar, warum betuchte Autokäufer staatlich bezuschusst werden sollen, die sich ein Fahrzeug jenseits von 40.000 Euro leisten können. Es stellt sich überhaupt die Frage, ob Geld am geeignetsten als Steuerungsinstrument ist. Beispiel Ladestellen: Gerade auf dem Land lassen sich Stromtankstellen kaum gewinnbringend betreiben. Hier muss der Staat eingreifen oder klare Regeln vorgeben, um ein wirklich flächendeckendes Netz zu schaffen und abgehängte Regionen zurückzuholen. Es muss also viel mehr im Zusammenhang sozialer Strukturen gedacht und gemäß dem gesellschaftlichen Bedarf gehandelt werden. Wodurch man vielleicht auch darauf käme, dass 50.000 neue Ladepunkte zwar eine ordentliche Steigerung wären, aber trotzdem nicht ausreichen könnten. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, auch Mitglied im Aufsichtsrat von VW, hatte die doppelte Zahl gefordert.

Geradezu enttäuschend sind die unverbindlichen und sehr technisch orientierten Vereinbarungen des Autogipfels zum autonomen Fahren. Gerade hier, bei der vernetzten Mobilität, geht es um den Kern: um eine vernünftige Verkehrswende, nämlich den Aufbau eines gesellschaftlichen Systems integrierter Mobilität: mit sinnvoll miteinander vernetzten Verkehrsmitteln, die verbraucherfreundlich sind, die Verkehrssicherheit verbessern und das Klima nicht belasten. Allein durch den Wechsel zur Elektromobilität wird weder der Verkehrsinfarkt in den Städten behoben noch die Lage auf dem Land verbessert.

Die größte Herausforderung ist nicht technischer Art. Es geht für die Wirtschaft wie für die Politik vielmehr darum, das Vertrauen der Verbraucher und der Öffentlichkeit zurückzugewinnen, die ob der verschleppten Skandale und der anhaltenden Probleme im Verkehr unzufrieden sind. Sie kann man nur durch reale Verbesserungen überzeugen: dass sie mit den angebotenen Fortbewegungsmitteln gut von A nach B kommen und dabei weder andere Verkehrsteilnehmer gefährden noch Umwelt und Klima belasten oder gar die Menschenrechte in anderen Ländern verletzen.
Quellen
    • Foto: © freshidea - Fotolia.com | Text: Kristian Glaser (kb)