Amtsgericht Kaufbeuren urteilt zum BagatellschadenAG Kaufbeuren Urteil vom 5.10.2015 – 6 C 926/15 –
Allerdings kann der später ermittelte Schadensumfang im Rahmen tatrichterlicher Würdigung nach § 287 ZPO ein Gesichtspunkt für die Beurteilung sein, ob eine Begutachtung tatsächlich erforderlich war oder ob nicht möglicherweise andere, kostengünstigere Schätzungen, wie beispielsweise ein Kostenvoranschlag eines Reparaturbetriebes ausgereicht hätten (BGH, NJW 2005, 365 ff). Die Wertgrenze, unterhalb derer grundsätzlich die Annahme eines Bagatellschadens in Betracht kommen kann, liegt bei etwa 700,-- €. Vorliegend liegt der tatsächlich ermittelte Schaden zwar geringfügig unterhalb dieser Grenze. Allerdings handelte es sich um relativ massive Einbeulungen im Heckbereich, so dass für einen Laien gerade nicht erkennbar war, ob und wo ggfs. Folgeschäden in anderen Bereichen des Anhängers vorhanden sein könnten. Derartige Folgeschäden sind nämlich für einen Laien nicht ohne weiteres erkennbar.
Gerade bei einem relativ massiven Anstoß kann jedoch die Möglichkeit von Folgeschäden gerade im Voraus nicht verneint werden. Dass für einen Laien der Schadensumfang gerade nicht im Voraus ersichtlich war, ergibt sich daraus, dass selbst der Sachverständige nach der Begutachtung etwaige Schadenserweiterungen nicht ausschließen konnte, die sich ggfs. im Rahmen einer Vermessung des Fahrzeugs zeigen könnten. So stellt der Sachverständige fest, dass möglicherweise der Heckbereich verzogen sein könne und ein Schaden an der Anhängervorrichtung und der Auflaufbremseinheit nicht ausgeschlossen werden könne. Keine Rolle spielt auch der Umstand, dass der Sachverständige vorliegend aus abgetretenem Recht vorgeht. Ein dolo-agit-Einwand kann ihm nicht entgegen gehalten werden
Die tatsächliche Höhe der Reparaturkosten ergibt sich gerade erst durch die Begutachtung. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Sachverständige bereits vor der Begutachtung wusste, wie hoch die Reparaturkosten sein würden. Der tatsächlich ermittelte Schadensumfang liegt auch nicht so deutlich im Bagatellbereich, dass davon auszugehen ist, dass es bereits vor der Begutachtung für den Sachverständigen klar auf der Hand lag, dass es sich im Endeffekt um einen Bagatellschaden handeln würde.
Fazit und Praxishinweis: Bei der Erforderlichkeit im Sinne des § 249 BGB kommt es grundsätzlich auf die Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen an. Der Geschädigte als technischer Laie kann kaum selbst einschätzen, welchen Umfang der eingetretene Schaden hat und welche Kosten seine Behebung verursachen werden. Deshalb beauftragt er einen Fachmann, der den Umfang des Schadens und die voraussichtlichen Kosten der Schadensbehebung angeben kann. Daher sind die Kosten eines Kfz-Sachverständigen grundsätzlich als erforderlicher Wiedererstellungsaufwand zu ersetzen.
Nur dann, wenn offensichtlich der Wiederherstellungsaufwand unter 715,-- € liegt, kann der Geschädigte nicht mehr die Kosten des Gutachtens erstattet verlangen. Wie dieses Urteil jedoch zeigt, ist die sogenannte Bagatellschadensgrenze, die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei etwa 715,-- € liegt, fließend. Auch bei voraussichtlichen Wiederherstellungskosten von knapp unter 700,-- € sind die Gutachterkosten noch erforderlicher Wiederherstellungsaufwand. Vgl. auch die Ausführungen im FAQ der Unfallzeitung unter Bagatellschaden .