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Am 13.5.2014 kam es im Bereich Steinfurt zu einem Verkehrsunfall. Der spätere Kläger fuhr mit seinem Fahrrad am rechten Rand eines Weges. Er steuerte das Rad nur mit der linken Hand. In der rechten Hand hatte er eine Leine für seine zwei Schäferhunde. Der Kläger näherte sich von hinten der späteren Beklagten, die auf dem Grünstreifen am linken Fahrbahnrand lief. Sie führte ebenfalls einen Hund aus, der allerdings unangeleint war und einige Meter hinter ihr herlief. Der Hund der Beklagten lief sodann auf den Kläger zu. Dieser bremste ab, stürzte aber und erlitt Verletzungen an der rechten Hand.
Es wurde eine Risswunde zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand ärtzlicherseits festgestellt. Ferner erlitt er Prellungen. Schmerzen bestanden für drei Wochen. Bei dem Sturz wurde auch das mitgeführte Handy beschädigt. Der Kläger begehrt Schadensersatz für das beschädigte Handy, für Attestkosten sowie ein Schmerzensgeld von mindestens 1.500,-- €. Das in erster Instanz örtlich zuständige Amtsgericht Steinfurt verurteilte mit Urteil vom 9.4.2015 – 21 C 58/15 - die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 200,-- € und Schadensersatz, wobei es eine Mithaftung des Klägers von 75 Prozent annahm. Die gegen das Urteil gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg.

Die Berufung ist zwar zulässig, hat aber in der Sache selbst keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil hat zu Recht weitere Ansprüche abgelehnt. Die Voraussetzungen der Gefährdungshaftung nach § 833 S. 1 BGB liegen vor. Danach besteht ein Schadensersatzanspruch, wenn durch ein Tier der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt wird. Das angefochtene Urteil ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes von einem Betrag von 800,-- € ausgegangen und hat hierauf eine 75-prozentige Mithaftung des Klägers angenommen. Das ist in der Berufungsinstanz nicht zu beanstanden. Auch bei der Gefährdungshaftung des § 833 S. 1 BGB ist § 254 BGB anzuwenden.

Grundsätzlich muss sich der Geschädigte auch bei einem Anspruch aus Gefährdungshaftung trotz des in § 254 I BGB aufgeführten Wortes "Verschulden" eine von ihm zu vertretende Sach- oder Betriebsgefahr anrechnen lassen (Münchner Kommentar BGB, § 254 Rn. 12 bis 16). Da § 253 II BGB eine Ausnahmeregelung zu § 253 I BGB darstellt, wird das Mitverschulden bei einem Schmerzensgeldanspruch entgegen der sonst üblichen Systematik bereits im Rahmen der Bemessungsfaktoren berücksichtigt. Eine Quotelung, die für den materiellen Schaden angenommen wurde, kann nicht auf das Schmerzensgeld mit seinen anderen Bemessungsfaktoren übertragen werden (Beck-Online-Komm. BGB § 253 Rn. 61-62). Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist zu berücksichtigen, dass der Kläger die festgestellten Verletzungen erlitt. Andererseits ist aber festzustellen, dass der Kläger nureine Hand am Lenker und in der anderen Hand zwei Schäferhunde an der Leine hatte. Zwar ist das einhändige Fahren mit dem Fahrrad nach § 28 I 4 StVO grundsätzlich erlaubt. Das gilt auch für das Führen von Hunden vom Fahrrad aus. Das Zusammenspiel beider Faktoren stellt sich allerdings risikoerhöhend dar.

Der Radfahrer muss sicherstellen, dass seine Beherrschung des Fahrrades durch das Tier nicht beeinträchtigt wird. So wie der Kläger seine Hunde geführt hat, kann er im Falle des Abbiegens keine Richtungsanzeige abgeben. Beim Abbiegen nach rechts ist dies aufgrund der geführten Hundeleine nicht möglich. Bei einem Abbiegen nach links würde der Kläger freihändig fahren, was verboten ist. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen erscheint die vom Amtsgericht vorgenommene Festlegung des Schmerzensgeldes unter Berücksichtigung der Quote nicht zu beanstanden.

Fazit und Praxishinweis: Gerade dieser Fall zeigt, wie gefährlich es ist, nur mit einer Hand am Lenker ein Fahrrad zu führen. Dann kommt hinzu, dass mit der freien Hand, also mit der nicht am Lenker befindlichen Hand, auch noch zwei Hunde an der Leine vom Fahrrad ausgeführt werden. Bei einer derartigen Fahrweise sind Richtungszeichen nicht möglich. Es ist für den Radfahrer aber verpflichtend, bei Abbiegevorgängen die Richtung durch Handzeichen anzuzeigen. Die vorzunehmende Quotierung der Mithaftung ist dann allerdings von Fall zu Fall zu entscheiden.
Quellen
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