Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

Für den Restwert maßgeblich sind die Werte im Schadensgutachten
Amtsgericht Hamburg-Harburg Urteil vom 29.6.2016 – 647 C 70/16 –

RFWW

Am 18.12.2015 kollidierten auf der Kreuzung der Waltershofer Straße und der Neuwiedenthaler Straße in Hamburg der bei Grünlicht in die Kreuzung fahrende Kläger mit seinem Pkw Audi A3 mit dem Pkw des bei der beklagten Kfz-Versicherung versicherten Fahrers, der bei Rotlicht in die Kreuzung einfuhr.
Nach dem Unfall holte der Geschädigte ein Schadensgutachten ein. Nach dem Gutachten beliefen sich der Wiederbeschaffungswert auf 7.800,-- € und der Restwert auf 2.700,-- €.

Der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige hat für sein Schadensgutachten drei Angebote auf dem maßgeblichen regionalen Markt ermittelt. Das höchste Angebot ist in dem Gutachten berücksichtigt worden. Der beklagten Kfz-Versicherung wurde am 23.12.2015 das Gutachten per Email übermittelt. Am gleichen Tage verkaufte der Geschädigte das verunfallte Fahrzeug zu dem im Gutachten angegebenen Höchstbetrag. Am 5.1.2016 unterbreitete die beklagte Versicherung ein Restwertangebot über 3.333,-- €. Das legte sie auch bei ihrer Schadensregulierung zugrunde. Den Differenzbetrag von 633,-- € beansprucht der Geschädigte. Seine Klage vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Hamburg-Harburg gatte Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung ein Anspruch auf Erstattung seines gesamten Schadens zu. Denn unstreitig haftet der bei der Beklagten versicherte Fahrer aufgrund der Rotlichtfahrt alleine für das Zustandekommen des Unfalls. Der durch die Beklagte zu regulierende Wiederbeschaffungsaufwand bemisst sich nach den im Schadensgutachten ausgewiesenen Wiederbeschaffungs- und Restwerten. Der Wiederbeschaffungswert von 7.800,-- € laut Gutachten ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist lediglich, ob die Beklagte ihrer Schadensregulierung den höheren Restwert aus dem Angebot zugrunde legen durfte. Entscheidend ist der im Schadensgutachten aufgeführte Restwert , den der Sachverständige als Höchstwert von drei Restwertanfragen auf dem örtlichen Markt festgestellt hat. Dabei hat sich der vom Kläger beauftragte Kfz-Sachverständige entsprechend der BGH-Rechtsprechung verhalten (BGH Urt. v. 13.10.2009 – VI ZR 318/08 - = BGH ZfS 2010, 84).

Zu eben diesem Betrag veräußerte der Geschädigte das Unfallfahrzeug. Dieser Betrag ist auch der Schadensberechnung durch die Beklagte zugrunde zu legen, denn der Geschädigte durfte bei seiner Schadensberechnung von der Richtigkeit des Gutachtens ausgehen. Dass der Kläger ein Auswahlverschulden angelastet werden könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Für etwaige Fehler des Gutachters hätte der Kläger im Übrigen auch nicht einzustehen, da der von ihm beauftragte Sachverständige nicht dessen Erfüllungsgehilfe ist in Bezug auf seine Schadensgeringhaltungspflicht. Der Kläger war im Übrigen auch nicht verpflichtet, im Rahmen seiner Schadensgeringhaltungspflicht nachzufragen, ob bei der Versicherung ein günstigeres Angebot bezüglich der Restwerte vorliegt. Dass eine Vielzahl von Veräußerungen von Gebrauchtwagen auf dem freien Gebrauchtwagenmarkt inzwischen auch über das Internet angebahnt werden, vermag an den vorstehenden Ausführungen nichts zu ändern.

Fazit und Praxishinweis: Das erkennende Gericht hat bei der Bestimmung des Wiederbeschaffungsaufwandes zu Rechtauf die im Schadensgutachten aufgeführten Werte bezüglich des Wiederbeschaffungswertes und des anzurechnenden Restwertes verwiesen. Der Geschädigte darf, wenn kein Auswahlverschulden vorliegt, regelmäßig auf die Richtigkeit des Schadensgutachtens vertrauen, denn der von ihm beauftragte Sachverständige ist nicht sein Erfüllungsgehilfe. Fehler es Gutachters gehen grundsätzlich zu Lasten des Schädigers und dessen Haftpflichtversicherung .
Quellen
    • Foto: Andrey Kokidko - Fotolia.com