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Am 25.2.2015 ereignete sich ein Straßenverkehrsunfall, bei dem das Kraftfahrzeug des späteren Klägers beschädigt wurde. Die Schuld am Zustandekommen des Unfalls trägt der Fahrer des bei der HDI-Versicherung versicherten Fahrzeugs.
Der Geschädigte beauftragte einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung des Schadensgutachtens. Darin waren unter anderem auch Beilackierungskosten von 203,04 € enthalten. Die eintrittspflichtige Haftpflichtversicherung beauftragte die Firma Control Expert als Prüfdienstleister mit der Überprüfung des Schadensgutachtens. Diese strichen die Kosten der Beilackierung.

Der Prüfbericht ging allerdings erst bei dem Geschädigten ein, als dieser bereits das Fahrzeug mehr als einen Monat repariert hatte. Gleichwohl regulierte die HDI diese Kosten nicht. Aufgrund des Prüfberichtes beauftragte der Geschädigte erneut den Sachverständigen, eine Stellungnahme zu den im Prüfbericht angegebenen Schadenskürzungen abzugeben. Für die Stellungnahme berechnet der Sachverständige 145,78 €. Beide Schadenspositionen macht der Geschädigte gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Salzgitter geltend. Die Klage hatte umfänglich Erfolg.

Die Klage ist begründet. Die Klägerin kann gegen die Beklagte aus dem Verkehrsunfall vom 25.2.2015, für den die Beklagte dem Grunde nach unstreitig eintrittspflichtig ist, weiteren Schadensersatz in Höhe von 348,82 € geltend machen, der sich aus weiteren Reparaturkosten von 203,04 € und weiteren Sachverständigenkosten von 145,78 € zusammensetzt. Der Anspruch gründet sich auf § 249 BGB.

1. Zu den restlichen Reparaturkosten :

Dem Kläger stehen zunächst weitere Reparaturkosten in Höhe von 203,04 € zu. Auf die Frage, ob die von der Beklagten gerügten Reparaturmaßnahmen, nämlich die Kosten der Beilackierung objektiv notwendig gewesen sind, kommt es nicht an. Denn im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind grundsätzlichnur solche Aufwendungen ersatzfähig, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 73. Auflage, § 249, Rn. 12). Allerdings sind in diesem Rahmen auch Mehrkosten zu ersetzen, die ohne Schuld des Geschädigten durch – gegebenenfalls – unsachgemäße Maßnahmen der Reparaturwerkstatt entstehen. Der Schädiger trägt insoweit das sogenannte Werkstatt-und Prognoserisiko (BGH, NJW 1992, Seite 302; Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 23. Januar 2015 -13 S 199/14-). Zu den in den Verantwortungsbereich des Schädigers fallenden Mehrkosten gehören auch Kosten für unnötige Zusatzarbeiten, die durch die Werkstatt durchgeführt werden (LG Hamburg, Urteil vom 4.6.2013 -302 O 92/11-).

Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug – wie im vorliegenden Fall – reparieren, so sind die durch eine Reparaturrechnung der Werkstatt belegten Aufwendungen im allgemeinen ein aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der eingegangenen Reparaturkosten (BGH VersR 1989, 1056). Dies gilt insbesondere dann, wenn sich gleichartige Aufwendungen bereits aus einem eingeholten Gutachten des Schadensgutachters, ergeben. Der Prüfbericht der Firma Control Expert vom 14.4.2015 ist der Klägerin auch erst nach Durchführung der Reparatur vom 6.3.2015 übersandt worden, sodass der Kläger keine Möglichkeit hatte, auf die Bedenken der Beklagten im Hinblick auf den Reparaturumfang Rücksicht zu nehmen und zu reagieren. Ein Auswahlverschulden des Klägers hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt, das die Beklagte vom Werkstatt- bzw. Prognoserisiko freistellen würde, trägt auch die Beklagte nicht vor.

2. Zu den Kosten der sachverständigen Stellungnahme:

Auch die Kosten der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen in Höhe von 145,78 € sind von der Beklagten zu tragen. Auch diese Position ist im Rahmen des § 249 BGB ein ersatzfähiger Schaden. Denn erhebt der Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer bereits vorgerichtlich technische Einwendungen gegen das vom Geschädigten eingeholte Schadensgutachten, deren Berechtigung der Geschädigte aufgrund fehlender Sachkenntnis nicht abschließend beurteilen kann, darf der Geschädigte grundsätzlich die Einholung eines Ergänzungsgutachtens des vorher beauftragten Sachverständigen zur Auseinandersetzung mit den erhobenen Einwendungen für sachdienlich halten (vgl. Landgericht Saarbrücken, Urt. v. 20.2.2015 -13 S 197/14 -). Dies gilt auch deshalb, weil der Geschädigte in einer solchen Situation davon ausgehen darf, mithilfe einer ergänzenden Stellungnahme seines Sachverständigen zur technischen Klärung des Sachverhalts bereits im Vorfeld des Prozesses beitragen und so – auch im Sinne einer wirtschaftlich sinnvollen Vorgehensweise – auf eine nicht streitige Erledigung hinwirken zu können (LG Saarbrücken, aaO).

Fazit und Praxishinweis: Mit diesem Urteil hat das erkennende Gericht zu Recht auf das Werkstatt- und Prognoserisiko hingewiesen, das zu Lasten des Schädigers geht (vergleiche für das Werkstattrisiko: BGHZ 63, 182 ff sowie die Ausführungen bei Imhof/Wortmann DS 20011, 149). Auch die Kosten einer sachverständigen Stellungnahme auf einen Kürzungsbericht eines von der Versicherung beauftragten Prüfdienstleisters sind grundsätzlich erstattungsfähig. Das Gebot der Waffengleichheit gebietet es, dass der Geschädigte, der regelmäßig technischer Laie ist, sachverständige Stellungnahmen zu den einzelnen Kürzungspositionen abgeben kann. Die von dem Sachverständigen berechneten Kosten sind ein mit dem Schaden unmittelbar verbundener Vermögensnachteil, der über § 249 I BGB auszugleichen ist.
Quellen
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