Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

AG Merzig urteilt zu einem Steinschlagunfall
AG Merzig Urteil vom 5.2.2015 – 24 C 242/12 – rechtskräftig

RFWW

Am 16.5.2012 gegen 16.00 Uhr war der Kläger mit seinem Pkw auf der Landstraße L 377 zwischen Hargarten und Losheim am See im Saarland unterwegs. Vor ihm fuhr ein LKW der Mercedes Benz Actros 3240, der im Unfallzeitpunkt bei der beklagten Haftpflichtversicherung haftpflichtversichert war.
Dieser Lkw hatte zuvor in einem Steinbruch in Beckingen-Reimsbach Schotter geladen. Aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, flog ein Schotterstein gegen den Pkw des Klägers und beschädigte unter anderem die Windschutzscheibe. Die Reparaturkosten belaufen sich laut Sachverständigengutachten auf 734,42 € netto. Hinzu kommen Sachverständigenkosten in Höhe von 75,50 € und eine allgemeine Unkostenpauschale von 26,-- €, so dass der Kläger insgesamt 835,92 € geltend macht.

Das örtlich zuständige Amtsgericht Merzig hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und Anhörung des Lkw-Fahrers und des Klägers sowie durch Einholung eines verkehrstechnischen Sachverständigengutachtens.

Die zulässige Klage hat nur zum Teil Erfolg. Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 557,28 € gegen die beklagte Versicherung zu. Anspruchsgrundlage sind die §§ 7 I StVG, 115 VVG, 249 BGB. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch steht dem Kläger nicht zu, weil er sich die allgemeine Betriebsgefahr seines eigenen Pkws und eine mitwirkende Verursachung des Schadens in Höhe von 1/3 anrechnen lassen muss. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Schaden an der Windschutzscheibe des Pkws des Klägers beim Betrieb des Kraftfahrzeuges eingetreten ist, weil ei Stein infolge der Fahrt des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Lkws den Schaden verursacht hat.

Der vom Gericht bestellte Gutachter hat ausgeführt, dass für die Beschädigung der Windschutzscheibe grundsätzlich ein Stein der beschriebenen Größe in Betracht kommen kann. Dabei hat der Sachverständige die Möglichkeiten aufgezeigt, die zu dem hier im Streit stehenden Schaden geführt haben können, nämlich einmal, dass ein Stein von der Ladefläche herabgefallen, auf der Fahrbahn aufgeschlagen und dann in Höhe von 1,62 m Höhe auf die Windschutzscheibe aufgetroffen sei. Es wäre aber auch möglich, dass sich ein Stein aus den Profilen der Reifen gelöst hat und dann hochgeschleudert wurde. Es ist aber auch möglich, dass Steine von der Straße durch den Lkw hochgeschleudert wurden. Zur Überzeugung des Gerichtes steht fest, dass der Schaden an der Windschutzscheibe am Pkw des Klägers durch den Aufprall des vom Lkw in Bewegung gesetzten Steines hervorgerufen wurde.

Der Schaden ist beim Betrieb des bei der Beklagten versicherten Lkws entstanden (vgl. LG Heidelberg NJW-RR 2012, 406 – die Unfallzeitung berichtete darüber -; LG Bonn Urt. v. 29.7.2004 – 6 S 117/04 - ). Der Geschädigte muss dabei nicht den genauen Verlauf der Schadensverursachungnachweisen (vgl. LG Heidelberg aaO.). Denn für die Gefährdungshaftung genügt grundsätzlich der Nachweis des kausal auf den Betrieb des Kraftfahrzeugs zurückzuführenden Schadenseintritt (LG Heidelberg aaO.). Der Verkehrsunfall stellt auch keine höhere Gewalt i.S.d. § 7 II StVG dar. Allerdings ist von einer Mithaftung des Klägers aufgrund der eigenen Betriebsgefahr seines Pkws auszugehen. Der Schaden ist auch beim Betrieb seines Fahrzeuges eingetreten. Das Tatbestandsmerkmal des Betriebes ist weit auszulegen. Es genügt, wenn sich die von einem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt und das Unfallgeschehen mitgeprägt haben(BGH NJW 1988, 2802; vgl. auch LG Saarbrücken Urt. v. 22.6.2012 – 13 S 24/12 - ).

Wird ein hinter einem Lkw herfahrendes Fahrzeug durch einen Steinschlag beschädigt, verwirklicht sich gerade noch die Gefahr, die von dem Betrieb eines Kfz. Ausgeht, das sich durch die berechtigte Teilnahme am Straßenverkehr diesen Gefahren aussetzt (LG Saarbrücken aaO.). Das Schadensereignis stellt sich für den Kläger auch nicht als unabwendbar dar. Der Nachweis eines solchen Ereignisses ist ihm auf jeden Fall nicht gelungen. Möglicherweise hat er den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten. Bei der vorzunehmenden Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge überwiegt die Verursachung durch den bei der beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung versicherten Lkw. Den Verursachungsanteil des Klägers nimmt das Gericht mit 1/3 an. Hinsichtlich der Höhe des Schadensersatzanspruchs nimmt das erkennende Gericht einen Betrag von insgesamt 835,92 € an; 2/3 davon machen 557,28 € aus, die dem Kläger zuzusprechen sind.

Fazit und Praxishinweis: Zutreffend hat das erkennende Gericht entschieden, dass die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr für den vom Lkw hochgeschleuderten Stein haftet, denn tatsächlich war der Lkw mit der Schotterladung im Betrieb. Der Geschädigte muss dabei nicht den genauen Verlauf der Schadensverursachungnachweisen (vgl. LG Heidelberg Urt. v. 21.10.2011 – 5 S 30/11 - (die Unfallzeitung berichtete darüber); LG Bonn Urt. v. 29.7.2004 – 6 S 117/04 - ). Denn für die Gefährdungshaftung genügt grundsätzlich der Nachweis des kausal auf den Betrieb des Kraftfahrzeugs zurückzuführenden Schadenseintritts. Inwieweit tatsächlichwegen zu geringen Abstands zum Lkw ein Mitverschulden des Geschädigten vorliegt, bleibt allerdings zweifelhaft.
Quellen
    • Foto: animaflora - Fotolia.com