Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen. Weitere Informationen

Der Streit um die Autobahnprivatisierung ist neu entbrannt
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble legt Gesetzentwurf zur Teilprivatisierung der Bundesautobahnen vor

RobGal

Der Artikel 90 des Grundgesetzes regelt verbindlich die Eigentums- und Verfügungsrechte des Staates über die Autobahnen und Bundesstraßen.
Nun hat das von Wolfgang Schäuble (CDU) geleitete Bundesfinanzministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem der staatliche Charakter der Autobahnen aufgeweicht werden soll.

Darin heißt es zunächst: "Der Bund ist Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs." Damit wird lediglich eine zeitgemäße sprachliche Anpassung vorgenommen, denn in der gültigen Fassung des Grundgesetzartikels ist noch von "bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen" die Rede. Ferner wird in Schäubles Vorschlag ausdrücklich festgehalten: "Das Eigentum ist unveräußerlich."

Allerdings möchte der CDU-Politiker einen neuen Absatz in den Artikel 90 einfügen, der besagen soll, dass die Bundesautobahnen und autobahnähnlichen Bundesstraßen durch den Bund verwaltet werden. Und weiter: "Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen."

Damit wären gleich zwei grundlegende Verfassungsänderungen verbunden: Zum einen würde den Bundesländern die Verwaltung dieser Straßen aus der Hand genommen. Zum anderen wäre die Auslagerung der dann auf den Bund übertragenen Aufgaben im Zusammenhang mit den Autobahnen möglich. Zusätzlich ist formuliert, dass die Anteile einer solchen Gesellschaft privaten Rechts beim Bund verbleiben sollen. Diesem Satz ist im Entwurf aber die Bemerkung "strittig" beigefügt.

"Strittig" ist in der Tat zutreffend. Denn in der Öffentlichkeit, in der Politik wie in der Regierung selbst ist, wie bei der Pkw-Maut oder generell bei öffentlich-privaten Projekten (ÖPP), umstritten, ob Versicherungen, Pensionskassen oder andere private Investoren bessere Geschäftsmöglichkeiten für den Bau und den Betrieb von Autobahnen eröffnen oder nicht. Das Bundesfinanzministerium jedenfalls hält seinen Vorschlag, der auf eine privatrechtliche Fernstraßengesellschaft hinausläuft, für ein "gutes Paket".

Nachteile für die Länder

Von den Bundesländern dürfte Widerspruch zu erwarten sein, denn der Entwurf zur Änderung des Grundgesetzes enthält gleich mehrere Bestimmungen, die zu ihrem Nachteil ausfallen. Demnach soll der Vollzug von Steuern künftig nicht mehr wie bisher im Einklang mit den Bundesländern getroffen werden. Ferner soll der aus Vertretern des Bundes und der Länder gebildete Stabilitätsrat die Einhaltung der Schuldenregel in den Ländern überwachen, und im Zuge dessen ist außerdem noch geplant, dem Bund Kompetenzen zu übertragen, die es ihm erlauben würden, den Ländern Vorgaben zur Verwendung der verfügbaren Finanzmittel zu machen.

Auch der Bundesrechnungshof beurteilt die Pläne des Finanzministers für eine privatrechtliche Fernstraßengesellschaft skeptisch. "Eines steht jetzt schon fest: Privates Kapital darf nur dann eingebunden werden, wenn es für den Bund wirtschaftlich ist und den Steuerzahler nicht belastet", sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller. Und unter diesen Voraussetzungen sei zweifelhaft, ob die Renditeerwartungen der Privatwirtschaft immer erreicht würden. Schon im Juni 2014 stellte der Bundesrechnungshof in einem Gutachten für den Haushaltsausschuss des Bundestages fest, dass fünf von sechs privat finanzierten Autobahnbauprojekten um mehr als 1,9 Milliarden Euro teurer waren, als wenn der Staat für die Finanzierung aufgekommen wäre.

Mit seinem Vorstoß zur Autobahnprivatisierung und zur Neuregelung des Grundgesetzes hat Wolfgang Schäuble bereits vorhandenen Dissens wieder aufgerufen und für neuen Konfliktstoff zwischen Bund und Ländern sowie innerhalb der Regierungskoalition gesorgt – knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl.
Quellen
    • Text: Olaf Walther (Kb)
    • Foto: Gina Sanders - Fotolia.com