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Der Geschädigte eines unverschuldeten Verkehrsunfalls verlangte von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers den Ersatz des ihm entstandenen Schadens, den ein von ihm hinzu gezogener Sachverständiger im Schadensgutachten festgestellt hatte. Den Fahrzeugschaden rechnete er mithin fiktiv ab.
Das Fahrzeug des Geschädigten war bereits älter als drei Jahre und war nicht scheckheftgepflegt. Die eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung kürzte die geltend gemachten Reparaturkosten aufgrund eines von ihr eingeholten Prüfberichtes. Der Prüfbericht verwies auf eine 16 Kilometer entfernte freie Werkstatt, ohne jedoch Hinweise auf die angebliche Gleichwertigkeit der Reparatur in dieser freien Werkstatt gegenüber einer Markenfachwerkstatt zu geben. Der Geschädigte klagte die gekürzten fiktiven Reparaturkosten bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Frankenthal ein. Die Klage war erfolgreich.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzbetrag zu. Der Geschädigte rechnet im streitgegenständlichen Verfahren fiktiv, also auf der Grundlage des Schadensgutachtens, ab. Zu dieser Abrechnungsweise ist er berechtigt. Allerdings darf der Schädiger bzw. sein Haftpflichtversicherer den Geschädigten auf eine günstigere Werkstatt verweisen, wenn das verunfallte Fahrzeug älter als drei Jahre und das Fahrzeug nicht scheckheftgepflegt ist. Das ist hier der Fall. Aber der fiktiv abrechnende Geschädigte darf nach der Rechtsprechung des BGH nur auf eine für jedermann zugängliche günstigere Werkstatt mit geringeren Stundenverrechnungssätzen verwiesen werden, wenn es sich um eine Werkstatt handelt, die die Reparatur wie in der Markenwerkstatt gleichwertig durchführt. Nur dann nämlich ist eine Verweisung für den Geschädigten zumutbar.

Die gleichwertige Reparaturmöglichkeit liegt in der Darlegungs- und Beweislast des Schädigers und dessen Versicherer. Daher ist auch nicht jede Verweisung durch die Versicherung auf eine günstigere Werkstatt zumutbar. Eine Unzumutbarkeit der Verweisung kann sich aus der Entfernung von der Wohnung des Geschädigten zu der Alternativwerkstatt ergeben. Hier liegt die freie Werkstatt 16 Kilometer von der Wohnung entfernt. Das ist hier zuzumuten. Andererseits ist eine Verweisung auf eine Partnerwerkstatt der Versicherung, die mit der Versicherung für die Stundensätze Sonderkonditionen abgeschlossen hat, nicht ohne Weiteres zumutbar. Es kommt darauf an, ob die Stundensätze für jedermann gelten. Nur weil eine Partnerwerkstatt mit einer Versicherung für Kaskoschäden Sondertarife vereinbart hat, führt dies bei einem Haftpflichtschaden nicht unbedingt zur Unzumutbarkeit der Verweisung. Wenn der eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer darlegen und beweisen kann, dass die von ihm benannte freie Werkstatt als Alternativwerkstatt zu der Markenfachwerkstatt für die Reparatur des Kraftfahrzeuges des Klägers die allen Kunden zugänglichen Preise zugrunde legt und diese im Prüfbericht aufgeführt sind, so hindert eine Sondervereinbarung mit günstigeren Stundensätzen eine Verweisung grundsätzlich nicht. Im vorliegenden Fall wurde nicht deutlich, ob und gegebenenfalls welche Sonderkonditionen aufgrund der vertraglichen Bindung dieser freien Werkstatt, die kein Eurogarant-Betrieb ist, bestehen und mithin einen Sondermarkt darstellen. Es fehlt seitens der Beklagten an der erforderlichen substantiierten Darlegung der Gleichwertigkeit der Reparatur. Das erleichterte Beweismaß des § 287 ZPO gilt hier nicht. Es ist dem Gericht untersagt, die Gleichwertigkeit von Reparaturen zu schätzen.

Fazit und Praxishinweis: Mit zutreffendere Begründung hat das erkennende Amtsgericht Frankenthal angenommen, dass der fiktiv abrechnende Geschädigte nicht auf eine günstigere Partnerwerkstatt verwiesen werden kann, wenn es sich bei den Preisen um Sonderkonditionen handelt, die auf einem für den Geschädigten nicht zugänglichen Sondermarkt beruhen. Die Verweisung ist in diesem Fall unzumutbar, weil ansonsten die dem Geschädigten zustehende Ersetzungsbefugnis unterlaufen würde. Der Geschädigte kann die Reparatur in die eigenen Hände nehmen. Er muss sich nicht in die Hände des Schädigers begeben.
Quellen
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