OLG Naumburg zur Haftung bei Sturz auf unebenem GehwegOLG Naumburg Urteil vom 17.11.2015 – 1 W 40/15 –
Eine Gefahr wird für den Verkehrssicherungspflichtigen dann haftungsbegründend, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden (BGH NJW 2014, 2104 f.). In einem solchen Fall sindVorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die befürchteten Schädigungen abzuwenden. Das Ergebnis muss ein solcher Sicherungsgrad sein, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (BGH NJW 2006, 2326; BGH NJW 2007, 1683 f.). Nach § 9 I 2, II StrG LSA haben die Träger der Straßenbaulast, und damit auch die Stadt X., die Straßen und Gehwege in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu unterhalten.
Ein ca. 4,3 cm großer Niveauunterschied, wie er tatsächlich festgestellt wurde, genügt dem Sicherungsgrad nicht. Kann ein Fußgänger mit gehöriger Sorgfalt die Gefahr nicht erkennen, miss die verkehrssicherungspflichtige Gemeinde handeln. In der summarischen Prüfung des Prozesskostenhilfegesuches liegt es auf jeden Fall nahe, dass auch ein die normale Sorgfalt beachtender Fußgänger stolpern und fallen kann. Die Beamten der Antragsgegnerin hatten daher grundsätzlich Anlass zur Reparatur oder Wartung oder Sicherung.
Fazit und Praxishinweis:
Der Träger der Straßenbaulast hat für das gefahrlose Benutzen der Fahrbahn, des Radweges und des Bürgersteiges zu sorgen. Die Fahrbahnteile sind ihrer Verkehrsbedeutung entsprechend in einem Zustand zu versetzen und zu erhalten, dass befürchtete Schädigungen an Leib oder Leben und an Eigentum und Besitz vermieden werden. Wenn nicht eine sofortige Reparatur möglich ist, um eine gefahrlose Benutzung ermöglichen zu können, müssen Absperrungen und Sicherungen vorgenommen werden. Geschieht dies nicht, haftet grundsätzlich die Trägerin der Straßenbaulast aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung gemäß Art. 34 GG, 839 BGB. Diese Haftung kann auch bei einem Sturz über eine ca. 4,3 cm hochstehende Gehwegplatte vorliegen, denn die Gemeinde als Trägerin der Straßenbaulast hat für eine gefahrlose Benutzung des Gehweges zu sorgen.