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Kältemittelstreit: Der Konflikt spitzt sich weiter zu
Kritik vom Berufsverband der Feuerwehr | Daimler kündigt CO2-Klimaanlage für 2016 an

RobGal

Auch im gerade begonnen Jahr gibt es keine Pause im Streit um das brandgefährliche Klimaanlagenkältemittel R1234yf (Tetrafluorpropen) der US-Chemiegiganten Honeywell und DuPont. Zum Jahreswechsel haben sich die Fronten sogar verhärtet: zwischen den Autoschmieden, die das Kältemittel ablehnen (das sind BMW, Mercedes, der VW-Konzern samt Audi, Seat, Škoda und Porsche sowie Mazda und Toyota) und andererseits den Befürwortern, das sind Honeywell und DuPont, die quasi über ein weltweites Monopol auf das neue Kältemittel verfügen, sowie den meisten europäischen, japanischen, südkoreanischen und US-amerikanischen Autoherstellern.
Zum Eklat war es im vergangenen Jahr gekommen, als Daimler sich weigerte, das US-Kältemittel zu verwenden, nachdem bei Crashversuchen mehrere Modelle mit dem Kältemittel in Brand geraten waren und dabei hochgiftige Flusssäure entstanden war. Daimler lehnte es danach aus Sicherheitsgründen ab, das neue Kältemittel in seinen Autos einzusetzen, und trotzte auch der EU-Kommission, die mit hohen Strafgeldern drohte, da aktuelle EU-Richtlinien ein klimafreundlicheres Kältemittel als das bislang verwendete R134a (Tetrafluorethan) vorschreiben.
Auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) bestätigte nach eigenen Crashversuchen, dass es durch R1234yf zur Entwicklung von Flusssäure nach einem Unfall mit Brand kommen kann. Doch die formalen Vorschriften des Produktsicherheitsgesetzes hinderten die Behörde, von einer "ernsthaften Gefahr" zu reden.
Die deutschen Autohersteller setzen nun auf die Entwicklung des ungiftigen und klimafreundlicheren Kohlendioxids (CO2) als Kältemittel. Mercedes hat bereits angekündigt, die neue E-Klasse bereits 2016 mit einer CO2-Klimaanlage anzubieten. Die Stuttgarter arbeiten mit Hochdruck an der neuen Kältetechnik und wollen auch nach Ablauf der EU-Übergangsfrist 2017 das umstrittene Kältemittel R1234yf auf keinen Fall verwenden. Daimler meldete bereits konkrete Fortschritte bei der Entwicklung von CO2-Klimaanlagen. Das Unternehmen hat in mehreren Fahrzeugen erfolgreich Prototypen eines mit CO2 betriebenen Systems eingebaut, wie ein Daimler-Sprecher zum Jahresbeginn mitteilte. Laut "Frankfurter Rundschau" testen die Stuttgarter diese Klimaanlagen bereits in verschiedenen Baureihen. "Wir konnten die CO2-Prototypen-Anlage ohne Probleme in Betrieb nehmen", sagte der zuständige Daimler-Entwicklungsleiter Stefan Geyer.
In den kommenden Monaten wolle man die Überprüfung der Zuverlässigkeit der Anlagen und die endgültige Spezifikation der Komponenten für die Serienentwicklung vornehmen. Derweil forderte Daniel Dahlke, der Vizechef des Berufsverbandes der Feuerwehr, in der "Frankfurter Rundschau", R1234yf müsse umgehend verboten werden. Das Kältemittel sei für Ersthelfer und Polizisten "lebensgefährlich". Als Grund für seine Forderung nannte Dahlke den bei einem Brand frei werdendem Fluorwasserstoff. Komme der mit Wasser in Kontakt, so bilde sich Flusssäure. Schon bei der kleinsten Menge, die man einatme, könnten Organe irreversibel geschädigt werden. Halte der Gesetzgeber an dem Kältemittel fest, so Dahlke, müsste die Feuerwehr ihre Einsatzstrategie komplett ändern. Alle Einsatzkräfte eines schweren Verkehrsunfalls hätten dann Atemschutzgeräte anzulegen, was die Rettungszeit verlängere.
Dahlke beklagt, dass R1234yf nur aufgrund des enorm starken Lobbydrucks der US-Chemieindustrie eingeführt worden sei. Die wolle "eine Lizenz zum Gelddrucken". CO2 als Alternative sei für die viel zu billig. Außerdem fordert Dahlke eine deutlich sichtbare Kennzeichnung der Fahrzeuge, deren Klimaanlagen mit R1234yf befüllt sind, "etwa durch einen Aufkleber an der Windschutzscheibe". Die Deutsche Umwelthilfe rechnet damit, dass derzeit bereits 90.000 Autos mit dem Killerkältemittel in Deutschland unterwegs sind.
Erst kürzlich hatten Honeywell und DuPont angekündigt, für 300 Millionen Dollar eine neue Produktionsanlage für R1234yf zu bauen. Doch nun schrumpfen angesichts des Widerstands vieler Autohersteller die Gewinnerwartungen für das Kältemittel drastisch.
Quellen
    • Text: Otto Küpper (kb)
    • Foto: © Uwe Annas - Fotolia.com