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Diesel-Diskussion: Verkehrsministerium gegen Umweltministerium
Dieselfahrzeuge weiter im Fokus: Fahrverbot? Blaue Plakette? Nachrüstung mit Abgasfilter?

RobGal

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) stellte jüngst die Testergebnisse des Umweltbundesamtes (UBA) vor, die noch einmal bestätigen, dass moderne Diesel-Pkw erheblich mehr Stickoxide (NOx) emittieren, als in den offiziellen Testverfahren ermittelt und von den Autoherstellern angegeben wird.
Das UBA hatte 25 Euro-VI- und 27 Euro-V-Diesel-Pkw verschiedener Fahrzeugklassen auch bei kalten Außentemperaturen geprüft und stellte fest, dass der Stickoxidausstoß höher lag als in wärmerer Umgebung.

Laut UBA wird der gesetzliche Grenzwert von 80 Milligramm NOx pro Fahrzeugkilometer mit einem Durchschnitt von 507 Milligramm unter realen Fahrbedingungen um ein Vielfaches überschritten – und das von Modellen, welche die strenge und aktuell gültige Euro-VI-Norm erfüllen, die aber nur unter Laborbedingungen auf dem Prüfstand ermittelt wird. Als noch schmutziger erwiesen sich dem UBA zufolge die Euro-V-Modelle mit durchschnittlich 906 Milligramm pro Kilometer, dem Fünffachen der Norm von 180 Milligramm.

Barbara Hendricks richtete einen energischen Appell an die Autoindustrie. Die Branche solle ihre Diesel-Pkw auf eigene Kosten und so nachrüsten, dass die Emissionen mindestens um die Hälfte gesenkt werden. Sie forderte, dass für die Kunden dadurch keine Kosten oder Nachteile entstehen.

Der Branchenverband VDA widersprach sofort. „Dass die Emissionen auf der Straße höher sind als im Labor, ist bekannt“, antworteten die Lobbyisten. Messwerte seien „je nach Modell, Fahrverhalten sowie Verkehrs- und Witterungsbedingungen unterschiedlich“, relativierte der VDA die UBA-Ergebnisse und versprach gleichzeitig, dass die SCR-Technologie (Stickoxid-Katalysator unter Verwendung von AdBlue-Harnstofflösung) „in wenigen Jahren“ so weit entwickelt sei, dass es „kaum noch NOx-Grenzwertüberschreitungen an den verkehrsintensiven Luftmessstationen geben“ werde. „Das UBA sollte aufhören, den modernen Diesel pauschal unter Generalverdacht zu stellen“, verlangt der VDA, denn der Selbstzündermotor werde gebraucht, „um die Klimaschutzziele zu erreichen“.

Das Vorhaben von Umweltministerin Hendricks, durch die Einführung einer „blauen Plakette“ nur noch Euro-VI-Autos die Fahrt in den Großstädten zu erlauben, stößt auf den energischen Widerspruch ihres Ministerkollegen für den Verkehrsbereich. Alexander Dobrindt (CSU) ist der Auffassung, dass es im Sinne des Klimaschutzes effektiver sei, bei Taxen, Bussen und Behördenfahrzeugen anzusetzen, die ständig und viel im Stadtverkehr unterwegs sind.

Unterstützung bekommen die Befürworter einer blauen Plakette nun vom Deutschen Städtetag. Der weist auf Gerichtsurteile hin, wonach einzelne Städte demnächst begrenzte Fahrverbote für Dieselautos erlassen müssten, weshalb ein Kontrollinstrument wie die blaue Plakette erforderlich sei. Andernfalls drohten Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen überhöhter Stickoxidwerte in einigen Städten. Gleichzeitig regt der Städtetag an, Ausnahmen von der blauen Plakette aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen vorzusehen. Zudem sollten alternative Antriebe staatlich gefördert und der ÖPNV als umweltfreundliche Alternative zum Auto gestärkt werden.

Auch die Verkehrsminister der Bundesländer mischten sich in die Diskussion um den Dieselantrieb ein. Bei ihrer jüngsten Tagung forderten sie einstimmig die EU-Kommission, die Bundesregierung und die Autoindustrie auf, ein Konzept zur Nachrüstung älterer Diesel-Pkw mit Abgasfiltern vorzulegen.

Bereits Mitte März hatte Volkswagen-Chef Matthias Müller öffentlich die technische Möglichkeit der Umrüstung älterer Diesel-Pkw eingeräumt, um einem Fahrverbot vorzubeugen. VW befinde sich im Gespräch mit Wettbewerbern, hatte Müller bekundet.
Quellen
    • Text: Olaf Walther (Kb)
    • Foto: lassedesignen - Fotolia.com