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Akustik: Fußgänger lassen E-Autos zu nah an sich heran
Alle Verkehrsteilnehmer müssen gut und richtig informiert werden | Forschungen zur Gestaltung des künstlichen Motorgeräuschs erforderlich

RobGal

Von Anfang an sorgte die fast lautlose Fahrweise der Elektromobile für Diskussionen. Das kann vor allem im Stadtverkehr mit seiner starken Geräuschkulisse zu Problemen für Fußgänger und Radfahrer führen. Um zu verstehen, wie Fußgänger auf die leisen Stromer reagieren und wie sie im Straßenverkehr mit den ungewohnten "Schleichern" zurechtkommen, führte das österreichische Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) im Raum Klagenfurt eine fünfjährige Untersuchung durch, die Ende August vergangenen Jahres abgeschlossen wurde. Dabei wurden auch Fragen zur akustischen Wahrnehmung von Elektrofahrzeugen behandelt.
Die Wissenschaftler gingen vor allem zwei Fragestellungen nach: Nehmen Fußgänger, insbesondere mit Sehbehinderung, E-Fahrzeuge bei niedrigen Geschwindigkeiten bis 50 km/h später wahr als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor? Und werden die Geschwindigkeiten schlechter eingeschätzt? An den Arbeiten waren 27 Versuchspersonen beteiligt, davon fünf mit eingeschränktem Sehvermögen. Die Testwagen (Stromer und konventionelle Pkw) fuhren 20, 30 und 50 km/h.
Gleich zu Anfang der Tests gab es eine Überraschung: Die Probanden wunderten sich, wie sehr die Reifengeräusche der Stromer es ihnen möglich machte, Entfernung und Geschwindigkeit der Leisetreter einzuschätzen. Die Messungen ergaben dann aber auch, dass die Fußgänger unabhängig von einer Sehbeeinträchtigung die Elektroautos um bis zu zwei Sekunden näher an sich herankommen ließen als die lauteren Autos mit Verbrennern. Zwei Sekunden können einen entscheidenden Zeitraum bei einer drohenden Kollision ausmachen. Nicht bestätigt hat sich dagegen die Vermutung, dass Fahrer in Elektromobilen wegen des sehr leisen Innenraums schneller fahren als in Benzin- oder Dieselautos.
Im Ergebnis der Studie empfehlen die österreichischen Verkehrssicherheitsexperten vor allem "bewusstseinsbildende Maßnahmen für alle Verkehrsteilnehmer". Denn wenn immer mehr Elektroautos auf unseren Straßen unterwegs sind, müssten Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer die Risiken kennen, die von dem geringen Lärm der Stromer ausgehen. Sie brauchen spezifische und adäquate Informationen, um ihnen die sichere Teilnahme am Straßenverkehr zu erleichtern. Dies gilt besonders für Personen mit Sehbehinderung, mahnen die Verkehrsforscher. Die Einführung eines zuschaltbaren künstlichen Motorgeräuschs für Elektromobile, was in vielen Modellen bereits serienmäßig vorhanden ist, würde nach Ansicht der Wissenschaftler die Wahrnehmung der Stromer besonders für Sehbehinderte und vor allem bei niedrigen Geschwindigkeiten erleichtern.
Zur näheren technischen Ausführung und zum gezielten Einsatz eines solchen Zusatzgeräusches, etwa beim Anfahren, stehen aber noch weitere Untersuchungen aus, die auch die Unfallstatistik und die Unfallursachenanalyse einbeziehen sollten, wie die österreichischen Experten fordern.
Quellen
    • Text: Beate M. Glaser (Kb)
    • Foto: fotogestoeber - Fotolia.com