Pkw-Emissionen: Schärfere Prüfverfahren setzen Autohersteller unter Druck
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RobGal -
25. September 2017 um 09:21 -
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„Worldwide Harmonized Light-duty Vehicles Test Procedure“ (weltweit einheitliches Testverfahren für Leichtfahrzeuge, WLTP) heißt der nun gültige Teststandard in der Europäischen Union, den alle Hersteller von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen bei der Typzulassung neuer Modelle und Motoren gesetzlich einhalten müssen.
Damit werden die Emissionen der Autos auf neue, realistischere Weise als vorher gemessen, mit der Folge, dass die Hersteller weniger Raum haben, die Testfahrzeuge speziell auf die Bedingungen im Labor zu trimmen. In der Vergangenheit mussten sich Autofahrer und Öffentlichkeit immer wieder wundern, dass die offiziellen Verbrauchsangaben der Hersteller teils erheblich von den Werten im Alltag abwichen. Das soll sich nun mit WLPT ändern, der im Zuge der neuen Abgasnorm Euro 6c in Kraft tritt. Die Grenzwerte ändern sich dabei nicht, sind also mit der seit September 2014 wirksamen Vorgängernorm Euro 6b identisch.
Das bisherige Prüfverfahren, der Neue Europäische Fahrzyklus, stand seit längerem als realitätsfern in der Kritik. Beim NEFZ wurden nur vier Kilometer Stadtfahrt und sieben Kilometer außerorts gemessen, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 34 km/h und ohne Energiefresser wie Klimaanlage oder Sitzheizung. Mit WLPT, das bereits vor den bekanntgewordenen Abgasmanipulationen einiger Hersteller beschlossen worden war, sollen die Abgasmessungen näher an den Fahralltag heranreichen.
Es wird zwar wie der NEFZ auch auf einem Rollenprüfstand angewandt, gleichwohl soll es realitätsnäher sein, weil die Messungen bei doppelt so langer Fahrt, mit mehr Beschleunigungen und höherem Tempo durchgeführt werden. Dabei ist auch Zusatzausstattung an Bord, um den tatsächlichen Verbrauch im Alltag der Fahrzeuge besser zu simulieren. Euro 6c mit dem realistischeren WLPT-Test tritt jetzt mit Beginn des September in Kraft und gilt für die Zulassung ganz neuer Autotypen durch die Hersteller. Ein Jahr später, ab September 2018, müssen alle neu für den Markt zugelassenen Automodelle den WLPT-Zyklus durchlaufen. Allerdings bleibt damit immer noch eine Kluft zwischen den offiziellen Verbrauchs- und Abgaswerten und denen im Alltag, sie wird aber kleiner ausfallen.
RDE: Emissionen im praktischen Fahrbetrieb
Eine weitere Neuerung kommt mit dem Prüfzyklus „Real Driving Emissions“ (Emissionen im praktischen Fahrbetrieb, RDE), der eine Ergänzung zu WLPT darstellen wird. Mit RDE müssen, weltweit erstmalig, die Grenzwerte auch auf der Straße eingehalten werden. Allerdings hat die EU eine Übergangsregelung beschlossen, welche die Norm aufweicht. Demnach dürfen die ganz neuen Diesel-Pkw-Typen im RDE-Test mehr als doppelt so viele Stickoxide (NOx) emittieren wie auf dem Prüfstand, nämlich 168 Milligramm je Kilometer (mg/km) statt 80 Milligramm. Erst drei Jahre später, ab September 2020, werden die NOx-Vorgaben auf 120 mg/km gesenkt – was immer noch 50 Prozent über den Vorgaben auf dem Rollenprüfstand liegt. Ähnlich verhält es sich bei den NOx-Grenzwerten für Ottomotoren.
Im Zuge des Abgasskandals wurde immer wieder gefordert, dass die Abgastests von einer staatlichen Einrichtung durchgeführt werden. Bislang werden unabhängige, vom Kraftfahr-Bundesamt (KBA) zertifizierte Prüforganisationen wie die TÜVs, Dekra oder die KÜS beauftragt, allerdings von den Herstellern, die sie auch bezahlen. Das KBA errichtet derzeit ein eigenes Testlabor samt Prüfgelände, um Fahrzeuge direkt aus der Produktion oder Leihwagen unangemeldet zu kontrollieren.
Insbesondere die vom Dieselskandal betroffenen Autohersteller loben die neuen Verfahren und die damit verbundenen Emissionsgrenzwerte. Sie zeigen sich zuversichtlich, dass ihre Fahrzeuge sie schaffen werden.
Anstrengungen und Transparenz sind dafür erforderlich.