Zukunft des ÖPNV: Taxis zusammen mit oder gegen Bus und Bahn?
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RobGal -
17. Juni 2017 um 16:00 -
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Die Idee ist nicht neu, die Umsetzung durchaus: Taxis sollen nicht nur einen oder zwei Fahrgäste an ihr Ziel bringen, sondern auf ihrer Fahrt durch die Stadt weitere Passagiere aufnehmen, die in die gleiche Richtung wollen.
Das entlastet die Umwelt, reduziert den Lärm und die Verkehrsdichte und kann für die Verbraucher sowohl komfortabler als auch günstiger sein. Eine Chance bestände auch für (große) Taxis, Touren nicht mehr halbleer absolvieren zu müssen.
Das Ganze ließe sich über Internet, Smartphone und Satellitennavigation organisieren. Wer am Verfahren teilnimmt, gibt seinen Standort und sein Ziel an, während die Taxifahrer, die noch Plätze frei haben, die Strecke zum nächsten Mitfahrer in ihrem Navi angezeigt bekommen. Ein Zentralcomputer führt beide Parteien zusammen.
„Je mehr Teilnehmer mitmachen, desto anspruchsvoller wird allerdings die Berechnung, vor allem, wenn jedes Auto einem halben Dutzend Passagieren Platz bietet“, kommentiert die Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“. Und zeigt sich gleichzeitig überzeugt, dass die Mehrfachnutzung einer einzigen Taxitour durch mehrere Kunden sich reduzierend auf „die Zahl der Fahrten und damit der Autos, die auf Fahrgastsuche durch die Stadt kurven“, auswirken werde.
Damit das System nicht zusammenbricht, wenn sich sehr viele Menschen zum Mitfahren anmelden, haben Wissenschaftler vom Massachusetts Institute of Technology (USA) einen Algorithmus entwickelt, mit dem der gesamte Taxiverkehr im brodelnden New Yorker Stadtteil Manhattan mit seinen 1,6 Millionen Einwohnern und mit wöchentlich drei Millionen Taxifahrten in Echtzeit geregelt werden kann. Nach dem gleichen Konzept könnten auch Touren von Privatpersonen, von autonomen Fahrzeuge und von sogenannten Fahrdienstvermittlern organisiert werden, was besonders den Verkehr in den Großstädten erheblich entlastete.
Höchstens sechseinhalb Minuten für das Warten und die längere Fahrt
Und auch die Kunden hätten ihren Vorteil. Ermittelten die Wissenschaftler doch, dass sie maximal drei Minuten auf einen Wagen warten müssten und die zusätzliche Fahrtdauer höchstens dreieinhalb Minuten betrüge. Nur zwei Prozent der Fahrwünsche, ergab eine Simulation, ließen sich nicht erfüllen. Das System könnte Autos sogar gezielt in Gegenden schicken, in denen ein hoher Bedarf etwa bei Großveranstaltungen zu erwarten ist.
Als möglichen Haken an der Sache hat „Spektrum“ den eigenen Erfolg des Systems ausgemacht. Weil solch „dynamischen Mitfahrgelegenheiten“ („dynamic ridesharing“) günstig, bequem und hocheffizient wären, könnten sie Bus und Bahn die Kunden abspenstig machen und damit letztlich sogar für mehr Verkehr sorgen. „Spektrum“ zufolge haben die Forschungen der US-Wissenschaftler ergeben, dass mit dem System nur eine relativ kleine Fahrzeugflotte notwendig wäre, um den Taxiverkehr einer ganzen Großstadt abzudecken. 2.000 Großraumtaxis mit zehn Plätzen oder 3.000 normale Wagen mit Platz für jeweils vier Fahrgäste reichten dafür schon aus. Zum Vergleich: In der New Yorker Innenstadt düsen zurzeit rund 15.000 Cabs herum. „Wie viele aber nötig wären, um auch noch die New Yorker Metro zu ersetzen, ist ungewiss“, schreibt „Spektrum der Wissenschaft“.
Sicherlich wäre das System auch für die umstrittenen Fahrdienstvermittler wie Uber, die den Taxiunternehmen und -fahrern so viel Ärger bereiten, interessant. Möglicherweise liegt die Lösung just darin, dass Taxi, Vermittler, Bus und Bahn eben nicht gegeneinander konkurrieren, sondern miteinander kooperieren und sich ergänzen. Vielleicht besteht der Stadtverkehr der Zukunft auch aus der Synthese: einem öffentlichen Taxi zur Vermittlung.