AG Siegburg spricht dem Geschädigten die von der HUK-COBURG gekürzten Sachverständigenkosten zu
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RobGal -
31. Juli 2017 um 09:42 -
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In jüngster Zeit gibt es kaum eine Unfallschadenabrechnung, bei der der eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherer nicht die vom Sachverständigen berechneten Sachverständigenkosten kürzt. Dabei gehören die Sachverständigenkosten zu den mit dem Unfallschaden unmittelbar verbundenen und nach § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen (vgl. BGH Urteil vom 23.1.2007 -VI ZR 67/06 -). Gleichwohl werden die Sachverständigenkosten fast überwiegend nach § 249 II 1 BGB beurteilt, was angesichts der konkreten Abrechnung der durch die Rechnung belegten Sachverständigenkosten nicht überzeugt. Aber auch über § 249 II 1 BGB sprechen die Gerichte den Geschädigten überwiegend die in Rechnung gestellten Sachverständigenkosten zu, wie die nachfolgende Entscheidung des AG Siegburg vom 11.7.2017 zeigt.
Am 13.05.2016 ereignete sich in Siegburg ein Verkehrsunfall, den der Fahrer eines bei der HUK-COBURG versicherten Pkw verursachte. Um den Schaden an seinem Pkw gegenüber der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung darlegen und beziffern zu können, beauftragte der Geschädigte einen qualifizierten Kfz-Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens. Der Sachverständige ermittelte einen Reparaturschaden in Höhe von 1.831,67 €. Seine Kosten berechnete er mit 675,68 €. Obwohl die HUK-COBURG als eintrittspflichtige Kfz-Haftpflichtversicherung in vollem Umfang haftete, ersetzte sie die Sachverständigenkosten nur teilweise in Höhe von 522,-- €. Da die Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abgetreten waren, klagte dieser den Restbetrag in Höhe von 153,68 € aus abgetretenem Recht vor dem örtlich zuständigen Amtsgericht Siegburg ein. Die Klage hatte Erfolg.
Der klagende Kfz-Sachverständige hat gegen die beklagte Kfz-Haftpflichtversicherung einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung des Restbetrages in Höhe von 153,68 €. Dem Geschädigten, dem Auftraggeber des Klägers, ist durch das Unfallereignis ein Schaden in Höhe von insgesamt 675,68 € an Sachverständigenkosten entstanden. Der Schädiger hat die Kosten eines vom Geschädigten zur Schadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens zu ersetzen, soweit das Gutachten aus der Sicht des Geschädigten im Zeitpunkt der Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist (BGH NJW 2007, 1450). Es kommt also darauf an, ob ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten die Einschaltung eines Sachverständigen für geboten halten durfte (BGH NJW 2005, 356). Nach diesen Grundsätzen durfte der Geschädigte den Kläger mit der Erstellung des Schadensgutachtens beauftragen, da es sich nicht um einen Bagatellschaden handelte. Der Geschädigte kann allerdings nur die Kosten ersetzt verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH NJW 2007, 1450).
Maßgeblich ist daher, ob sich die an den Sachverständigen gezahlten Kosten nach den anzuwendenden schadensrechtlichen Maßstäben in den Grenzen des zur Wiederherstellung Erforderlichen halten (BGH a.a.O.). Bei der Prüfung, ob der Geschädigte den Aufwand zur Schadensbeseitigung in angemessenen Grenzen gehalten hat, ist eine subjektbezogene Schadensbetrachtung vorzunehmen (BGH NJW 2014, 1947; BGH NJW 2014, 3151). Ein Indiz für die Erforderlichkeit der Kosten ist die Übereinstimmung der dem Geschädigten tatsächlich entstandenen Kosten mit der Rechnung. Und mit der zugrunde liegenden Preisvereinbarung, sofern diese nicht auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt (BGH aaO). Nach diesen Grundsätzen ist die dem Geschädigten in Rechnung gestellte Grundgebühr in Höhe von 449,-- € nicht zu beanstanden. Zwar hat der Geschädigte die Rechnung nicht beglichen, so dass ihr keine Indizwirkung zukommt. Es ist aber nicht ersichtlich, dass die Rechnung deutlich erkennbar über den üblichen Preisen liegt. Das Grundhonorar hält sich im Rahmen der BVSK-Honorarbefragung. Auch die in Rechnung gestellten Nebenkosten sind nicht zu beanstanden. Das erkennende Gericht schätzt die Nebenkosten nicht anhand des JVEG, sondern anhand der BVSK-Tabelle 2015 (vgl. LG Stuttgart Urt. v. 14.7.2016 - 5 S 164/15 -; AG Siegburg Urt. v. 15.3.2017 - 128 C 7/17 -; AG Siegburg Urt. v. 25.1.2017 - 102 C 201/16 -). Die kalkulierten Nebenkosten bewegen sich im Rahmen der Schätzgrundlage.
Fazit und Praxishinweis: Im Ergebnis hat das erkennende Amtsgericht Siegburg die erfüllungshalber abgetretenen restlichen Sachverständigenkosten zugesprochen. Die Abtretung der Sachverständigenkosten ändert nichts an der Rechtsnatur des Schadensersatzanspruchs. Der Schadensersatzanspruch bleibt auch nach der Abtretung an den Sachverständigen bestehen. Das erkennende Gericht löst den Schadensersatzanspruch über § 249 II 1 BGB. Zwar hat der BGH (in NJW 2007, 1450) entschieden, dass Sachverständigenkosten zu den erforderlichen Herstellungskosten im Sinne des § 249 II 1 BGB gehören, wenn eine vorherige Begutachtung für die konkrete Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist. Die Sachverständigenkosten können aber auch als unmittelbar schadensbedingter Vermögensnachteil angesehen werden, der nach § 249 I BGB auszugleichen ist (vgl. BGH Urt. v. 23.1.2007 - VI ZR 67/06 -). Der letztgenannten Auffassung dürfte der Vorzug zu geben sein, da die Sachverständigenkosten als Schadensposition vom Geschädigten stets konkret geltend gemacht werden. Die Rechnung bildet insoweit ein Indiz für die Erforderlichkeit der Kosten, ob sie beglichen sind oder nicht, ist - entgegen der Auffassung des BGH - unerheblich, da nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht beglichene Rechnungen einen Schaden darstellen.